Trollinger Weinheimat Württemberg

Gestatten, ich bin der Trollinger

Ab sofort stellen wir Euch hier im lockeren Rhythmus die Rebsorten vor, die in der Weinheimat Württemberg wachsen. Heute starten wir mit dem Trollinger.

Keine andere Rebsorte wird so eindeutig mit Württemberg in Verbindung gebracht wie der Trollinger. Kein Wunder, war er doch über Jahrzehnte die meistangebaute Rebsorte unseres Weinbaugebietes. Erst vor wenigen Jahren löste ihn der Riesling auf Platz 1 ab. Wie es dazu kommen konnte, erzählen wir Euch gegen Ende des Beitrags. Jetzt werfen wir erst einmal einen gemeinsamen Blick auf die Eigenschaften unserer Schwabenmilch…Verzeihung: Des Trollinger.

Trollinger ist ein Spätreifer

Diese Rebsorte wird in Deutschland fast ausschließlich in Württemberg angebaut. Aber: Er kommt ursprünglich nicht von hier. Sein Name verrät ihn. Trollinger….Tirollinger….Tirolinger….na – merkt Ihr’s? Genau! Ursprünglich vermutlich aus Osteuropa, hat er seine Weg zu uns über das heutige Südtirol gefunden. Dort wird er auch heute noch in großem Stile angebaut, hört dort aber auf den Namen „Vernatsch“. Der Trollinger braucht tiefgründige, nährstoffreiche Böden, allerbeste Hanglagen und viel Niederschlag in der Zeit zwischen Blüte und Reife. Und wenn wir von Hanglagen sprechen, merkt Ihr schon, wo Ihr ihn am häufigsten treffen könnt: In den Steillagen an Neckar und Enz!

Die Farbe und Geschmack vom Trollinger

Trauben Im Glas präsentiert sich der Trollinger in hellem Ziegelrot. Nicht das Rubinrot kräftiger Weine wie Lemberger oder Spätburgunder, sondern eher so ein blasseres. Das verdankt er übrigens der Tatsache, dass er im Vergleich zu den meisten anderen Rotweinsorten sehr große Beeren hat – fast wie eine Tafeltraube. Und Ihr wisst ja: Seine Farbe bezieht ein Wein aus den Schalen. Von dort geht beim Keltern die Farbe in den gepressten Saft über (wenn man Schalen und Saft zusammen lässt, also „auf der Maische“ vergoren wird). Bei den großen Beeren des Trollingers verteilt sich so der rote Farbstoff der Schalen auf sehr viel Saft. Und so dürfen wir vom Trollinger jetzt nicht das kräftigste Rot erwarten.

Trollinger als leichter, saftiger Weine mit gutem Körper benötigt keine mehrjährige Lagerung, sondern ist schon früh nach der Ernte trinkreif – in der regel schon im Folgejahr. Was ja für einen Rotwein auch mal eine schöne Ausnahme ist. Der dezente Duft verrät rote Johannisbeeren, gepaart mit einem zarten Bittermandelton im Finale.

 

Welche Speisen passen zum Trollinger?

Und zu welchen Anlässen und Gerichten trinkt man nun den Trollinger am besten? Die gute Nachricht: Grundsätzlich ist er ein ganz toller Allrounder und fast immer eine gute Ergänzung. Ob zu deftig-rustikalen Speisen, Kurzgebratenem oder Geflügel – mit einem Trollinger dazu macht Ihr nichts falsch. Und – Überraschung: Zu Pasta mit Tomatensauce oder Bolognese müsst Ihr ihn unbedingt mal testen. Da passt er so gut, dass man ihm sofort seine italienische Herkunft abnimmt.

Generell zählt der Trollinger zu den wenigen deutschen Weinen, die schon zum Mittagessen als Tischwein eine hervorragende Figur machen. Wir wissen: Der leichte Tischwein zu Mittag ist eine Tradition, die wir eher mit Italien und Frankreich in Verbindung bringen, aber wenn Ihr das nach Deutschland übertragen wollt, kann der Trollinger Euer Tischwein sein.

Die Württemberger trinken ihr Nationalgetränk natürlich auch zum Vesper und im Sommer trifft man ihn häufig auf Grillfesten. Auf eben diesen Grillfesten avanciert er zum Geheimfavorit, denn dort kann er eine weitere Stärke ausspielen, über die andere Rotweine in aller Regel nicht verfügen: Der Trollinger schmeckt nämlich, außer in einer Ausnahme, auf die wir gleich noch kommen, nicht nur bei der rotweinüblichen Temperatur von 14 bis 18 Grad, sondern prima bei 10 bis 12 Grad oder sogar noch tiefer gekühlt. Dieser Wein macht das mit Freude mit. So wird er für viele zur gut gekühlten, kräftige Alternative zum Rosé. Und zum tollen Begleiter bei heißen, sommerlichen Temperaturen.

Und wo wir gerade dabei sind: Aufgrund seiner fruchtigen, an Erdbeeren erinnernden Aromen und seiner gleichzeitig aber zum Glück völlig fehlenden Aufdringlichkeit ist er ein toller Basiswein für viele leckere Cocktails. Er hat sogar seinen eigenen, jährlichen Marathon – den Trollinger Marathon in Heilbronn.

Trollinger Marathon Heilbronn

Foto: Heilbronn Marketing (HMG)

Wo viel Licht ist, will er in den Schatten

Die Überschrift klingt zwar recht lustig, hat aber einen traurigen Hintergrund. Der Klimawandel wird immer häufiger zum Problem für den Trollinger. Wie kommt dies? Wie wir oben ja schon geschrieben haben, steht er häufig in den Steillagen an Neckar und Enz. Und wie Ihr aus früheren Beiträgen hier im Weinheimat Blog ebenfalls wisst, wird es dort sehr heiß. Tagsüber durch den steilen Einstrahlungswinkel der Sonne und nachts, weil die Trockenmauern die Wärme, die sie im Laufe des Tages gesammelt haben, wieder an ihre Umgebung abgeben. Und so viel Hitze ist nicht das Ding des Trollinger. Denkt dran: Er kommt ja aus den etwas höheren, frischen Lagen Südtirols. Was erschwerend dazu kommt: Der Trollinger bekommt leicht Sonnenbrand!

Nicht lachen – das gibt es auch beim Wein. Nur wird bei ihm nicht, wie beim Menschen, die Haut rot, sondern die Blätter färben sich braun.

Steillage trägt ihre Kosten am Markt nicht
Trollinger Weinheimat Blog Dazu kommt für die Weingärtner ein weiteres Problem: Der Anbau in der Steillage ist extrem arbeitsintensiv. Weil man mit Maschinen nicht in die Terrassen hineinkommt, ist weitestgehend Handarbeit angesagt. Und die ist inzwischen so teuer, dass sich ihre Kosten nicht auf den Wein umlegen lassen. Und leider ganz besonders schlecht auf den Trollinger. Der gilt nämlich, weil er jahrzehntelang so ausgebaut wurde, beim Verbraucher als Vesperwein mit wenig Anspruch. Deshalb wird es für den Trollinger (preislich) eng.

Das haben natürlich auch die Württemberger Weingärtner bemerkt und in den vergangenen Jahren ihre Trollinger-Weine weiterentwickelt. Auch er wird heute in großen Teilen ertragsreduziert angebaut und auch mit ihm hat man in den Kellern beim Ausbau Neues probiert. Aber: Hier scheiden sich die Geister. Klar kann man einen Trollinger ausbauen wie einen Lemberger, durch Holzfass und Barrique schicken und hoffen, dass er schwer wird. Und südländisch. Aber – und das sagen nicht wenige Experten: Das ist eben nicht sein Charakter – wir haben ja weiter oben beschrieben, welche für einen Rotwein außergewöhnlichen Stärken er stattdessen mitbringt.

Trollinger alles andere als ein Altherrenwein

Und deshalb ist der Trollinger alles andere als ein Altherrenwein, sondern dank seiner Grundeigenschaften eigentlich eher ein „Junger“. Das haben übrigens auch wir schon Mitte des letzten Jahrzehnts bemerkt und den Trollinger in gleich zwei großen Contests so richtig gefeiert: Dem Trollinger Song Contest, bei dem die Community über 20 Songs auf den Trollinger komponiert hat. Und ein Jahr später im Trollinger Dance Contest. Die Sieger findet Ihr hier und hier.

Und zum Schluss noch etwas Partywissen

1.923 Hektar Rebfläche sind in Württemberg aktuell (Stand 2021) mit dem Trollinger bestockt. Damit ist die Rebsorte die Nummer eins bei den Rotweinen in der Region, deutschlandweit ist sie aber Nummer vier unter den Rotweinsorten. Der Trollinger ist ein echter Württemberger. Die Anbauflächen in anderen Weinbauregionen in Deutschland sind verschwindend klein.

163 Synonyme hat die Rebsorte. Die bekanntesten sind Vernatsch, wie die Sorte in Südtirol genannt wird, und Black Hamburg. Weniger bekannt sind Welscher, Pfundtraube, Huttler und Black Prince. Trollinger leitet sich vermutlich von Tirolinger ab – möglicherweise ein Hinweis auf seine Urheimat in Südtirol.

3  Duftnoten verbindet man klassischerweise mit dem Trollinger: Mandeln, Muskat, Kirschen. Häufig hat das schwäbische Nationalgetränk darüber hinaus blumige Noten, zum Beispiel kann der Duft an Veilchen erinnern. Die allermeisten Weine trinkt man jung, zum Beispiel als Viertele zu einer deftigen Brotzeit.

150 Hektoliter pro Hektar können Trollinger Weingärten erbringen. Während früher mit der Rebsorte Masse gemacht worden ist, reduzieren die Winzer mittlerweile oftmals die Erträge auf die Hälfte und darunter. So stellen sie höhere Qualitäten sicher.

2000 Jahre muss man zurückschauen, wenn man die Anfänge der Rebsorte in Deutschland betrachten möchte. Man geht davon aus, dass der Trollinger zusammen mit römischen Legionären an den Rhein gekommen ist.

Und jede Menge Trollinger in den Shops unserer Genossenschaften. Diese wiederum findet Ihr auf der Weinheimat Webseite.

Mehr Hintergründe zum Wein und News aus der Weinheimat gibt es im Weinheimat Blog.


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