Nur noch wenige Wochen, dann startet die Weinlese in Württemberg. Aus diesem Anlass haben wir mit dem Präsidenten des Weinbauverbandes Württemberg Hermann Hohl gesprochen.
Herr Hohl, wie ist denn Ihre Prognose für die Weinlese 2018?
Wir werden, so wie es heute aussieht, nicht die vorhergesagten Ertragsmengen bekommen. Hierfür ist die lange Trockenheit verantwortlich. Eine Aussage darüber, ob sich diese auch auf die Qualität des späteren Weines auswirken wird, wäre noch verfrüht. Die ersten Reifemessungen liegen zwar höher als in den Vorjahren, aber das ist auch kein Wunder – die ganze Vegetation ist ja auch viel weiter fortgeschritten. Durch die anhaltende Trockenheit ist der Anteil des in den Beeren eingelagerten Zuckers momentan natürlich hoch – die Trauben hatten ja kaum Gelegenheit, zu größeren Mengen Wasser zu kommen, aber auch so kurz vor der Weinlese kann ein kräftiger Niederschlag hier noch einiges bewegen.
Ist denn ein so sonnenverwöhnter Jahrgang automatisch ein guter?
Nein, das kann man eben nicht so sagen. Die Konsumenten tendieren in den letzten Jahren immer stärker zu fruchtbetonten, spritzigen Weinen, eher alkoholarm. Die vielen Kabinette und Spätlesen, die in so trockenen Jahrgängen gerne auf den Markt kommen, sind nicht unbedingt die Kundenlieblinge.
Welche Rebsorten profitieren denn von diesem Ausnahme-Sommer besonders – und welche leiden eher?
Profitiert haben die Frühsorten, wie zum Beispiel die ganzen Burgunder. Auch der Lemberger ist – zur Überraschung vieler – trockenresistenter als die meisten Übrigen. Der Trollinger dagegen leidet eher unter dieser Hitze und Trockenheit. Er braucht traditionell viel Niederschlag, und den hatte er bislang noch nicht. Da würde ich aber die Flinte keineswegs ins Korn werfen, denn: Die Weinlese des Trollingers findet erst spät statt, das heißt, er hat noch Zeit. Er ist in der Reife immer ein wenig hinterher.
Generell würde ich aber die Frage, welche Sorten wie mit der Hitze und Trockenheit klarkommen, nicht allzu hoch hängen. Eine entscheidende Rolle spielt nämlich auch die Frage, wo die Reben konkret stehen. Während die Burgunder eher am Fuß der Hänge, im flachen Vorland anzutreffen sind, wo es auch dieses Jahr nicht ganz so dramatisch heiß geworden ist, findet man den Trollinger in der Steillage. Hier messen wir, schon aufgrund des Einstrahlwinkels der Sonne, die höchsten Temperaturen – und das merken wir dem Trollinger dieses Jahr eben schon an.
Wir hören dieses Jahr auffällig wenig von der Kirschessigfliege. Wo ist dieser Schädling denn geblieben?
Die hat sich den Hintern verbrannt! Der Kirschessigfliege ist es schlichtweg zu heiß, um sich niederzulassen. Bei über 30 Grad stellt die ihre Aktivitäten ein, bei über 32 will und kann sie sich auch nicht mehr vermehren. Die entsprechende Population, die unseren Winzern und Weingärtnern in den vergangenen Jahren das Leben schwer gemacht hat, konnte also schlicht und ergreifend nicht aufgebaut werden.
Noch einmal zurück zur Dürre: Trifft diese die Wengerter gleichmäßig?
Nein, auch das ist eine der Antworten dieses Hitzesommers. Die ohnehin wenigen Niederschläge, die wir verzeichnen konnten, sind auch noch äußerst unregelmäßig gefallen. Teilweise lief die Trennlinie ja mitten durch den Ort. Generell hat die Region Stuttgart noch etwas mehr Wasser abbekommen als das Unterland. Wer Bewässerung hat, kann das – allerdings unter Aufbringung großer Mühe – ausgleichen. Wer heute noch keine Bewässerung hat, für den wird es schwer, überhaupt noch eine zu bekommen. Die Behörden genehmigen die Bohrung von Tiefbrunnen nur noch selten, wegen des gesunkenen Grundwasserspiegels.
Falls die heißen, trockenen Sommer zur Regel werden. wie kann hier die Situation der Weingärtner verbessert werden?
Die Politik muss sich mit modernen Bewässerungssystemen befassen. Wasserspeicherung kann beispielsweise eine Lösung sein. Wenn Sie an den Anfang des Jahres zurückdenken: Da hatten wir ja sehr viel Regen. Wenn wir also Auffangbecken zur Wasserspeicherung bauen würden, dann könnten wir von diesem Wasser in langen Trockenphasen wie in diesem Sommer profitieren.
Ein weiterer Ansatz wäre der einer Versicherung, die nicht nur gegen Hagel- und Frostschäden schützt. Die gibt es schon. Wenn sich die Winzer, wie in anderen europäischen Ländern, auch gegen Trockenschäden versichern könnten, in einer Art All-Gefahren-Versicherung, wäre das ein großer Schritt nach vorne. Hier sind zum Beispiel die Österreicher schon viel weiter als wir.
Herr Hohl, wir danken Ihnen sehr herzlich für das Interview.
Bleibt am Ball in Sachen aktuelle Entwicklungen in der Weinheimat Württemberg, auf dem Wein Heimat Blog.