Patrick Hilligardt: „Neue Marke bietet enorme Chancen“

Ab sofort ist der Weinmarkt um eine starke Marke reicher: Die „Echt Württemberger Weinmacher“. Sie löst die bisherige Dachmarke der Württemberger Weingärtnergenossenschaften „Weinheimat Württemberg“ ab. Wir haben mit Patrick Hilligardt, Vorstandssprecher der Weinheimat Württemberg darüber gesprochen, wie es zu der neuen Marke kam.

Herr Hilligardt, was ist an den Echt Württemberger Weinmachern besonders echt?

Zunächst einmal die Herkunft: Wir erzeugen in Württemberg, stehen offen im Namen zu unserer Heimat und helfen, Sie auch für die Zukunft zu erhalten.

Dann natürlich unser Bekenntnis zum Genossenschaftswesen. So alt diese Rechtsform ist, sie lebt mehr denn je. Ich will jetzt hier gar nicht zu sehr ins Detail gehen, aber denken Sie nur an „One Man one Vote“ bei Abstimmungen. Genossenschaften schaffen Chancen für viele, die sie in anderen Rechtsformen oder auf sich alleine gestellt nicht gehabt hätten. Das macht es gleichzeitig auch sehr familiär. Praktisch wie eine Großfamilie, die über mehrere Generationen zusammengewachsen ist.

Nicht zu vergessen natürlich die sorgfältige Handarbeit unserer Weingärtnerinnen und Weingärtner, insbesondere in vielen sehr anspruchsvollen Lagen.

Das führt mich zum Bekenntnis zur Innovation. Aus unseren Mitgliedsbetrieben kommen viele innovative, neue Weinkonzepte. Auch außergewöhnliche weintouristische Formate werden hier geboren, von der Ballonfahrt über die Weinberge bis hin zur gemeinsamen Schaffung einer eigenen Cuvée. Und erst in diesem Jahr wurde eine unserer Genossenschaften vom Bundesinnenministerium mit dem Preis für nachhaltiges Heimatengagement ausgezeichnet, für ein spannendes Solidaritätsmodell in den Steillagen.

Und worauf wir gerade bei dieser neuen Marke noch größeren Wert legen als bisher: Echt sind auch die Erlebnisse, die der Wein begleitet und die er schafft. Diese zum einen zu benennen, aber – zum Beispiel in Form von Events – auch selbst zu schaffen, das werden wir künftig noch mehr betonen als bisher. Ich komme noch darauf zurück.

Wer kann den Echt Württemberger Weinmachern beitreten? Sind sie offen für weitere Mitglieder?

Gerne und jederzeit. Eine Genossenschaft wie wir sollte immer offen sein für neue Genossen.

Mein primärer Fokus liegt allerdings nicht auf der Gewinnung neuer Mitglieder, sondern darauf, die bestehenden Mitglieder und deren Winzer bestmöglich zu unterstützen.

Warum die Gründung der EWW? Warum muss der Kennerkopf gehen? Was war so schlecht an der Weinheimat?

Gar nichts. Schlecht ist das falsche Wort. Tatsächlich war die Weinheimat und mit ihr der Kennerkopf durch Jahrzehnte hindurch eine Marke, die den Spirit ihrer Nutzer und Konsumenten förmlich geatmet hat.

Was einerseits zu sehr großer Kundenbindung geführt hat, hat aber auch seine negative Seite. Das sehr stark gefestigte Image der bisherigen Marke macht es ihr schwer, auf die schnellen Änderungen des Marktes, wie wir sie derzeit erleben, zu reagieren. Wir beobachten in den vergangenen Jahren eine extreme Beschleunigung der Veränderung des Marktes. Die Dinge verändern sich mittlerweile in einem Tempo, das schon atemberaubend ist. Und dieser anspruchsvolle Markt fordert Veränderungen: Zeiten wie diese sind dafür da, innovative Konzepte zu entwickeln und mit diesen gestärkt aus Ihnen hervorzugehen.

Wir tun dies mit einer jungen, frischen Marke, die mit entsprechend modernen Werten aufgeladen werden kann. Die dem neuen Lebensgefühl entspricht und sich flexibel mit diesem weiterentwickeln kann.

Bei den Grundwerten aber – dem Bekenntnis zu Württemberg, zum Genossenschaftswesen und zur Arbeit unserer Weingärtner – bleiben wir uns aber auch bei dieser neuen Marke treu. Hinzu kommt jetzt aber – und das ist der erste neue Wert, mit dem wir diese Marke aufladen werden – das Bekenntnis zur Schaffung unkomplizierter Genussmomente. Denn nicht nur, dass der Markt sich zunehmend nach diesen sehnt – das zeigt auch die Marktforschung. Nein, wir verfügen eben im Großen und Ganzen auch genau über die Weine, die in der Lage sind, diese zu schaffen.

Und was den von Ihnen angesprochenen Kennerkopf angeht: Ihn ersetzen wir durch ein zeitgemäßes Logo, das uns erlaubt, noch mehr auf unsere einzelnen Mitglieder einzugehen. So können das Geweih und beziehungsweise oder die Traube jederzeit einem individuellen Genossenschaftslogo weichen, wenn dies – insbesondere im lokalen Einsatz – sinnvoll erscheint. Viele starke, individuelle Mitglieder formen bei den Echt Württemberger Weinmachern eine kräftige Gemeinschaft. Eine, mit der man sich identifiziert. Teil der Weinheimat Württemberg zu sein, war schön – aber RICHTIG gut über die Lippen geht mir: „Ich bin ein Echt Württemberger Weinmacher.“

Der junge Mensch von heute trinkt gesundheitsbewusst – also seltener und weniger. Wie erreicht man diese Menschen?

Unabhängig von der neuen Marke tun wir dies seit Jahren über Social Media und den Weinheimat Blog. Wir bieten den Konsumentinnen und Konumenten dort eine Lebenswelt, die ihnen internationale Marktteilnehmer nicht bieten können.

Anders gesagt: Unsere Kundin kommt von hier, genau wie der Wein, den wir anbieten. In ihre Lebenswelt passt ein Wein von hier und wir bieten ihr diese Lebenswelt. Über eine seit Jahren steigende Aktivität unserer Genossenschaften im Eventbereich, über Rezepte und Wein-Food-Pairings in Social Media und Blog, über die Greifbarkeit unserer Winzerinnen und Winzer. Wir stellen diese und ihre Visionen regelmäßig vor – das führt zu Identifikation und gefühlter Nähe. Und natürlich über die Vermittlung des guten Gefühls, in einem der schönsten Flecken unserer immer unsicherer werdenden Welt zuhause zu sein.

Nur wir sind von hier. Und keiner versteht die Lebenswelt auch der jungen Menschen von hier besser als wir.

Herr Hilligardt, nun sorgen Sie mit der neuen Marke ja für Aufbruchstimmung. Sehen Ihre Mitglieder dies ebenso?

Absolut, denn diese Aufbruchstimmung kommt ja nicht nur von mir. Als Genossenschaft stehen wir ja im ständigen Kontakt mit unseren Mitgliedern. Mit der Schaffung der neuen Marke setzen wir das Signal: Wir packen an und starten etwas Neues. Wir gestalten es so, dass es erfolgreich sein wird und uns auf die richtige Spur und am Markt nach vorne bringt. Auch dadurch, dass sich die neue Marke in ihrem Kern zur Schaffung unkomplizierter Genussmomente bekennt, also genau zu dem, was unsere Winzer, wenn man SIE fragt, als erstes Ziel ihres Schaffens nennen würden, schaffen wir Identifikation unserer Winzer mit unserem Endprodukt und der Marke dahinter.
Wir verfügen über Experten in jedem einzelnen Arbeitsschritt – angefangen bei den Winzern, über die Mitarbeiter der Betriebe bis hin zur Geschäftsleitung. In herausfordernden Zeiten wie diesen ist es entscheidend, dass wir als Gemeinschaft zusammenhalten und gemeinsam an einem Strang ziehen. So können wir unsere vielfältigen Stärken im Markt gezielt ausspielen.

Wie definieren die EWW ihre Produkte? Was ist ihr USP?

Zunächst einmal die enorme Sortenvielfalt, die ihresgleichen sucht. Dann der hohe Anteil an Handarbeit in unseren Weinen, der ihnen eine Individualität verleiht. Ihr hohes Innovationspotential – im Anbau das Stichwort neue, nachhaltige Rebsorten, im Ausbau innovative Verfahren, in der Vermarktung – ich muss es glaube ich nicht sagen: Wir sind der Erfinder der 0,75 Liter Mehrwegflasche. Damit leben wir aktiv das Stichwort Nachhaltigkeit. Und zum Prinzip der „Shared Economy“, also den großen Vorteilen des Genossenschaftswesens, habe ich mich ja bereits oben geäußert.

Außerdem – ich komme immer wieder darauf zurück: Die Erlebnisse, die unser Wein begleitet und die er schafft. Wir werden uns wesentlich stärker als bei der bisherigen Marke darauf kaprizieren, diese Momente für die Menschen zu kreieren. Es gibt kaum Weinbaubetriebe, die eine solche Fülle an touristischen Highlights bieten wie die Echt Württemberger Weinmacher. Und dies über das ganze Jahr hinweg.

Patrick Hilligardt im Gespräch mit Antje Friedrich von den Weingärtnern Marbach

Wie lange geben Sie der Marke Zeit, sich am Markt durchzusetzen?

Die Frage stellt sich uns nicht, weil wir davon überzeugt sind, dass die Marke sich zügig am Markt durchsetzen wird. Diese Überzeugung wird nicht durch Glauben und Gutdünken gestützt, sondern durch intensive Marktforschung im Vorfeld des Launches der Echt Württemberger Weinmacher. Diese zeigt eindeutig, dass die neue Marke mit dem, was sie liefern kann, die Erwartungen unserer Zielgruppe in einer sehr erfreulichen Weise erfüllt.

Wie sieht es aus mit den 4 Ps des Marketing? Wo ist das Produkt verortet im Hinblick auf Preis, Produkt, Verkaufsort und Werbung?

Wir sind uns bewusst, dass Wein ein preissensibles Produkt ist. Dennoch erlauben es unsere Lagen, unser Qualitätsanspruch und unsere Leidenschaft für das Produkt nicht, uns in Preiskämpfen des Niedrigpreissektors zu behaupten. Dies entspricht weder unserem Ziel noch den Werten, für die die heimische Landwirtschaft stehen sollte.

Dies entspricht auch nicht dem Selbstbild unserer Weingärtnerinnen und Weingärtner. Unsere Definition muss über Qualität, Identität und Innovation kommen. Wer diese drei Attribute mitbringt, für den zahlt der Verbraucher auch gerne entsprechend mehr.

Kommen wir zum Produkt selbst…

Hier werden wir stärker als bisher den Aspekt der Schaffung bewusster Genussmomente ins Visier nehmen. Wie müssen unsere Weine erzeugt und in ihrem Auftritt gestaltet sein, um dieses Gefühl des Easy Drinking beim Konsumenten zu erzeugen? Also gleichzeitig dem Wunsch nach einem gewissen Anspruch beim Wein, aber gleichzeitig dessen unkompliziertem Genuss? Wir sind überzeugt davon, die richtigen Weine hierfür in den Sortimenten zu haben.

Dazu kommen die traditionellen Attribute, die wir uns über die Jahre aufgebaut haben und die unsere Weine atmen: Ihre Herkunft, ihre Innovationskraft und die ehrliche Handarbeit, die in ihnen steckt.

Stichwort Verkaufsort?

Auch hier spielt wieder die vorher schon gestellte Frage eine wichtige Rolle: An welchen Orten und in welchen Situationen bin ich bereit, mich – und sei es nur gedanklich – auf Genuss einzulassen? An diesen Orten müssen unsere Weine präsent sein. Bei Events – denken Sie an den jüngsten Auftritt der Württembergischen Weingärtner-Zentralgenossenschaft WZG bei einem der größtem Musikfestivals Deutschlands. In der Gastronomie. Und im Lebensmitteleinzelhandel, dort wo er uns als Genießer anspricht. In der gepflegten Weinabteilung, in der ich beispielsweise meine nächste Feier plane, und wie ich meine Gäste besonders verwöhnen kann. Apropos: Mir ist wichtig, dass uns der Alltag nicht ständig einholt und wir uns wieder mehr Raum für spontane Momente schaffen. Und sei es nur ein kurzes Gespräch mit dem Nachbarn, bei dem ein Glas Wein den Alltag in einen genussvollen Moment verwandeln kann.

Weiterhin spielt auch der Verkauf in den Genossenschaften selbst eine wichtige Rolle. Die meisten unserer Genossenschaften haben ihre Verkaufsstätten in den letzten Jahren zu Stätten des Genusses weiterentwickelt, zu Orten, an denen man sich wohlfühlt und gerne Wein verkostet. Ich denke dabei beispielsweise an die Erlebniskelter in Esslingen, den Weinschatzkeller in Heilbronn oder den Weinbergstrand am Heuchelberg. Darüber hinaus haben die Württemberger Weingärtnergenossenschaften ausgezeichnete Online-Shops. Die Besonderheit ist hier, wenn bei den Kundinnen und Kunden Fragen auftauchen, im Hintergrund jederzeit geschultes Personal zur Beratung bereitsteht.

Sie sehen: Wir sind gut aufgestellt in der Distribution, unsere Weine sind auf sehr vielen verschiedenen Wegen erhältlich.

Und wie sieht es mit der Werbepolitik aus?

Wir inspirieren unsere Kundinnen und Kunden dazu, das Leben zu genießen. Bringen sie auf Ideen und laden Sie zu Events ein, an die sie später mit großer Freude zurückdenken – und dabei unsere Weine genossen haben.

Was die Budgetverteilung angeht, stecken wir seit mehreren Jahren zunehmend Mittel in unsere eigenen Medien, wie den Weinheimat Blog oder unsere Auftritte in Social Media. Hier können wir mit größter Treffsicherheit unser Zielpublikum mit maßgeschneiderter Kommunikation erreichen.

Eine sehr wichtige Rolle spielt darüber hinaus der Auftritt am Verkaufsort selbst, am Point of Sale. Zu einem großen Anteil entscheidet der Kunde erst dort, welchen Wein er kauft. Deshalb ist die Kommunikation am POS sehr wichtig, um die Kundinnen und Kunden einen Schritt näher an unsere Weine zu bringen – in diesem Falle im wortwörtlichen Sinne.

Planen Sie auch Änderungen in der Internen Kommunikation?

Gut, dass Sie es ansprechen. In der Tat werden wir unseren kommunikativen Fokus stärker denn je auf die Mitglieder legen. Denn die Stärke unserer Dachmarke hängt maßgeblich von den Weinbaubetrieben ab, die sie repräsentieren. Daher ist es unsere vorrangige Aufgabe, die Sichtbarkeit jedes einzelnen Betriebes zu erhöhen und so deren Potentiale optimal zur Geltung zu bringen – so wie wir es hier im Weinheimat Blog und auf unseren Social Media ja bereits seit Jahren praktizieren.

Patrick Hilligardt und seine rechte Hand bei der Weinheimat Württemberg, Horst Reuschle

Herr Hilligardt, vielen Dank für das Interview.

Fotos: Benjamin Stollenberg

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