Starke Frauen aus der Weinheimat Württemberg

Am kommenden Dienstag, 08. März, ist Internationaler Weltfrauentag. Für uns Grund genug, schon heute drei Frauen vorzustellen, die unsere Weinheimat bewegen.

Starke Frauen in der Weinheimat Württemberg: Sophie Kuhnle sitzt auf Weinfass im Keller der Remstalkellerei

Foto: Daniel Schneider

Die Jungwinzerin aus dem Remstal: Sophie Kuhnle

Wir starten mit einer Jungwinzerin, die bereits in jungen Jahren einiges bewegt hat. Gerade 22 Jahre alt, beweist sie, dass Frauen auch im Weinbau die Zukunft gehört.

Als wir sie für ein Vorgespräch zu diesem Bericht erreichen wollen, haben wir ihren Vater am Apparat. „Wir haben doch zur Zeit den Besen geöffnet, und Sophie bedient gerade“, erklärt er – sympathisch und freundlich trotz des Stress, der mit Sicherheit um diese Zeit gerade in der „Neuen Scheuer“ herrscht.

Sophie kommt aus einer Wengerterfamilie im Remstal und hat schon für das eine oder andere mediale Aufsehen gesorgt. Zusammen mit zwei weiteren Freunden übernahm sie 2018 einen unter Naturschutz stehenden Weinberg in Endersbach im Remstal, unterhalb des dortigen Schützenhüttle. „Aber als wir kamen, war er kein schöner Anblick“, erinnert sie sich. In den Jahren zuvor war im idyllischen Mäuerleswengert nichts mehr passiert – er lag brach. Der vorherige Besitzer hatte aufgegeben. So etwas ist grundsätzlich auch für die Gesundheit der Nachbarweinberge eine Gefahr. Und so waren die Reben des stillgelegten Weinbergs schon vor einigen Jahren gekappt worden. Mit anderen Worten: Sophie traf auf einen Weinberg voller abgeschnittener Rebstumpen.

Sophie pflanzt Rebsorte noch ohne Namen

Aber Sophie nahm ihr Schicksal – und vor allem das des Weinbergs – in die Hand. Das Trio pflanzte die damals brandneue Rebsorte „Sauvitage“. Diese Weißweinsorte wurde an der LvWO in Weinsberg gezüchtet – eine moderne, pilzwiderstandsfähige Rebsorte. Aber: Als Sophie und ihre Freunde sie pflanzten, war sie noch so neu – sie hatte noch nicht einmal einen Namen. Sie trug noch ihre Entwicklungsnummer: „WE88 101 13“. Seit 2018 stehen auf dem Weinberg wieder Rebpfähle samt Pflanzen – und inzwischen wird auch gelesen.

Aber nicht nur das: Sophie überzeugte die von ihr mitgegründete, brandneue Jungwinzervereinigung der Remstalkellerei, „die Weinzigartigen“ davon, zusammen eine Sauvitage Auslese zu erzeugen, die Sauvitage Auslese „Weinzigartig“. Und diesen Wein bekommt Ihr mittlerweile bei der Remstalkellerei.

Breite Ausbildung sorgt für solides Fundament

Mit gleich zwei erfolgreich abgeschlossenen Ausbildungen ist Sophie bestens aufgestellt – sowohl kaufmännisch als auch als Winzerin. „So beherrsche ich neben dem Weinbau selbst auch das wirtschaftliche Drumherum“. Die überzeugte Frühaufsteherin („Der Tag beginnt für mich morgens, kurz nach Sonnenaufgang im Weinberg“) sagt, dass sie in der Ausbildungszeit zur Winzerin schnell gemerkt habe, dass zum Wengerter sein weit mehr gehöre als sonnige Stunden im Weinberg zu genießen.

Neben ihrem oben erwähnten „eigenen“ Wein mag sie gerne Grauburgunder – wegen seines feinen Süße-Säure-Spiels und seiner vielen verschiedenen Varianten. Beim Rotwein indessen steht sie auf den heimischen Lemberger. Als ihre Hobbies nennt Sophie Skifahren und Turnen.

Falls Ihr Euch die ganze Zeit fragt, wo Ihr Sophie vielleicht schon einmal gesehen habt: Möglicherweise auf einer Weinflasche. In der zwischenzeitlich von der Remstalkellerei aufgelegten „Weinhöfe“-Linie war sie die Patin der „Cuvée Pinot weiß“ – auch in diesen Wein flossen Trauben aus dem Betrieb ihrer Familie ein – und Sophies Konterfei zierte das Etikett.

Oder im Weinheimat Video zum Thema Zweigelt, im Gespräch mit der ehemaligen Deutschen und Württemberger Weinkönigin Carolin Klöckner. Das Video findet Ihr hier.

Die Technikerin für Weinbau und Oenologie aus dem Bottwartal: Melina Siegele

Starke Frauen in der Weinheimat Württemberg: Melina Siegele von den Bottwartaler Winzern steht vor einem Tresterhaufen.

Foto: Daniel Schneider

Auch Melina Siegele ist bereits in jungen Jahren einen interessanten Weg gegangen. Nach ihrer Ausbildung zur Weintechnologin – die Älteren unter Euch kennen diesen Beruf noch als „Küfer“ – machte die heute 23-jährige an der Landesanstalt für Wein- und Obstbau in Weinsberg (LvWO) die Fortbildung zur staatlich geprüften Technikerin für Weinbau und Oenologie. Inzwischen ist sie an der LvWO fest angestellt und an zwei sehr interessanten und ambitionierten Forschungsprojekten beteiligt. Dazu gleich mehr.

„Weintechnologin – das klingt ja in der Tat nicht gerade nach dem klassischen Frauenberuf, oder?“, lacht sie und antwortet sich gleich selbst: „Ist es auch nicht“. Aber: Gerade dieser Beruf sei höchst abwechslungsreich. Denn: Von dem Moment an, in dem die Trauben von den Winzern in der Kellerei angeliefert werden, ist es das Aufgabengebiet des Weintechnologen, diese zu Wein zu verarbeiten.

Dass sie sich – ursprünglich – für die Arbeit im Keller und eben nicht für die Tätigkeit im Weinberg entschieden hat, liegt in der Familie. Denn: Zwar sind ihre Eltern Nebenerwerbswinzer und haben auch eine entsprechende Rebfläche. Aber Melinas Opa war im Keller der Bottwartaler Winzer tätig. Und da durfte Melina, damals gerade vier Jahre alt, schon als Kind immer wieder einmal mitgehen. „Interessiert hab ich dann immer zugesehen, und fand es super, wenn es anfing zu „blubbern““, erinnert sich Melina. Heute weiß sie: Das Blubbern ist der Moment des Beginns des Gärprozesses. „Zusammen mit meinem Bruder war ich total begeistert, wenn es bei den Fässern dann „plopp“ machte“. Weinkenner und Kellermeister seien entwarnt: Opa war dabei und hat aufgepasst, dass erst gar keine Gefahr durch Gärgase entstehen konnte.

Spannende Forschungsprojekte an der LvWO

Nach ihrer Ausbildung bei den Bottwartaler Winzern und der Fortbildung zur Technikerin für Weinbau und Oenologie blieb sie der LvWO in Weinsberg treu und ist heute in zwei Forschungsprojekte integriert, in zwei Projektstellen als Versuchstechnikerin. Da geht es um richtig komplizierte Dinge. In einem der Projekte zum Beispiel um die „Goldgelbe Vergilbungskrankheit“, die bei Weinreben zu Vergilbungen und Wachstumsstörungen bis hin zum Absterben des Weinstocks führt. Mit Hilfe von KI und Drohnen, konkret einer Multi- und Hyperspektralkamera und sich daraus ergebenden 3-D-Modellen rückt Melina dieser Rebenerkrankung jetzt auf den Leib. Wobei: Württemberg scheint bisher von der Krankheit verschont zu werden. Und zwar weil die amerikanische Rebzikade als Verbreiter fehlt…wenn wir Melina richtig verstanden haben.

In ihrer Freizeit beziehungsweise an Wochenenden hilft Melina weiterhin bei den Bottwartaler Winzern mit. Zum Beispiel war sie Teil des Teams, das die aktuelle Veranstaltungsreihe „Hello Weekend“ ins Leben gerufen hat. Hier können Weinfreunde zum Wochenende gemütlich zusammen Weine probieren.

Beim Wein bevorzugt Melina süße Tropfen, ihre Empfehlung ist der 2020 Klassiker Riesling mit Muskateller fruchtig | süß der Bottwartaler Winzer. Auch bei Aromasorten wie Muskattrollinger (am liebsten Rosé), Gewürztraminer oder einem Kerner – letzteren aber ausnahmsweise trocken – sagt Melina nicht nein. Außerdem mag sie junge Trendweine und Mixgetränke mit Secco.

Starke Frauen in der weinheimat Württemberg: Conny Lehr von den Weingärtnern Markelsheim

Foto: Karin Ludwig

Sie macht aus Wein ein Erlebnis: Conny Lehr aus Markelsheim

Leben und Reben – für Conny Lehr (56) ist das der perfekte Einklang. Dabei ist der Wein für Conny definitiv mehr als ein Getränk. Ein Genuss allemal – aber mit allen Sinnen. Der Wein als Erlebnis, das ist das Motto von Conny Lehr.

Seit Generationen wird auf dem Jakobshof der Familie Lehr Weinbau betrieben, genauso lange ist die Großfamilie bereits Mitglied der Weingärtner Markelsheim. Zum Jakobshof gehören rund 5,5 Hektar Weinberge. „Diese Abwechslung und der Arbeitsplatz, an dem man täglich mitbekommt, wie sich die Natur verändert und den Jahreszeiten anpasst, da wird die Schöpfung sicht- und greifbar“, sagt sie.

Familie betreibt nachhaltige Landwirtschaft

Conny war die jüngste von vier Geschwistern und wurde kopfüber in die Führung des Jakobshofes gestoßen, als ihr Vater viel zu früh starb. Zusammen mit ihrem Mann Thomas übernahm sie den Betrieb. Und – sie entwickelten ein Credo: „Der Landwirtschaft ein Gesicht zu geben und das Image der Landwirtschaft ins rechte Licht zu rücken“. So versuchen Conny und ihr Mann bei allen sich bietenden Möglichkeiten, die Landwirtschaft zu präsentieren. Hierfür dienen Hoffeste, gläserne Produktionen, Frühstück auf dem Bauernhof und im Weinberg sowie voraussichtlich zweimal in diesem Jahr das sehr erfolgreiche Wein Afterwork.

Inzwischen ist der Jakobshof ein zertifizierter Nachhaltigkeitsbetrieb und wurde vom SWR zum zweitschönsten Weinerlebnisplatz von Baden und Württemberg gewählt. Und: Die Lehrs waren dreimal Finalisten beim Ceres Award in Berlin. Das ist der bedeutendste Preis in der Landwirtschaft – sozusagen der Oskar der Landwirtschaft.

Weintourismus bringt Wein den Menschen nahe

Neben der landwirtschaftlichen Arbeit widmet sich Conny Lehr mit großer Freude dem Weintourismus. „Es ist doch einfach fantastisch, wie gut man im und mit Wein Urlaub machen oder einfach ein paar schöne Erlebnisse haben kann“, sagt sie. Für sie selbst begann alles mit der Ausbildung zur Weingästeführerin. „Wir wollten uns von den üblichen Weinfahrten abheben“, sagt sie. „Deshalb haben wir einen Wagen, der einen ganzen Bus mitnehmen kann“, sagt Conny. „Dann muss man eine Gruppe nicht splitten – er wurde extra für uns geplant und selber zusammengebaut“. Dass Conny eine begeisterte Akkordeonspielerin ist, passte hier wunderbar dazu. So fährt sie mit ihrem Wagen, dem Akkordeon und einer unschlagbar guten Laune mit ihren Gästen durch die Reben.

Ein weiterer Trumpf im Spiel des Weintourismus. Familie Lehr bietet auch das „Schlafen im Weinfass“ an – in mehreren Fässern, die malerisch in den Weinbergen der Familie stehen. „Es dürfte wohl kaum etwas romantischeres geben, als in einem Weinfass inmitten von Reben und direkt unter den Sternen einzuschlafen“, sagt Conny. Darüber schreiben wir demnächst ausführlicher hier im Weinheimat Blog. Wer dann doch eine etwas konventionellere Art der Übernachtung sucht, für den bietet Familie Lehr mehrere Ferien-Appartments an. Jedes der Appartements trägt übrigens den Namen eines der Familienmitglieder.

Dazu kommt Connys generelles Engagement für den Tourismus in Baden-Württemberg. Dieses Engagement hat sie ebenfalls schon in mehrere Diskussionsrunden des SWR Fernsehens gebracht hat.

Als neueste Attraktion gibt es nun einen Familienweinberg in der Markelsheimer Bachgasse. In diesem haben die vier Töchter um Oma Elsa Hofmann mit ihren Ehemännern und deren zwölf Enkeln jeweils ihren eigenen Rebstock gepflanzt. Wer hier vorbeikommt, kann es sich mit einem Glas Wein gemütlich machen. Apropos: Connys Lieblingswein ist der Silvaner, im speziellen der Markelsheimer Propstberg Silvaner Kabinett trocken der Weingärtner Markelsheim. Beim Silvaner, sagt Conny, treffen sich Lust, Genuss und Tradition.

Immer aktuell informiert über das Neueste und spannende Stories aus der Weinheimat Württemberg im Weinheimat Blog.

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