Württemberg ist das Anbaugebiet mit den meisten Steillagen in Deutschland. Grund genug, heute mal einen Blick darauf zu werfen.
Vorweg, bevor uns Proteste kommen: Im Verhältnis zur gesamten Hektarzahl gesehen gibt es Anbaugebiete, die noch mehr Steillagen aufweisen, und zum Teil noch steilere als wir sie in Württemberg haben. Aber wir haben die größte Gesamtfläche.
Aufgrund ihrer speziellen Topographie – als Steillage gilt ein Rebhang erst ab 30 Prozent Steigung – stellen die Steillagen ganz besondere Anforderungen an ihre Winzerinnen und Winzer. In viele der Steillagen kommt man mit Maschinen nicht hinein und so ist deutlich mehr traditionelle Handarbeit gefragt als in der flachen Lage. Insbesondere bei der Bodenbearbeitung, der Schädlingsbekämpfung, der Lese und für die Landschaftspflege entsteht in der Steillage ein erheblicher Mehraufwand für unsere Weingärtner.
Dabei gibt es zwei Arten von Steillagen. Zum einen die unterrassierten: Dies sind entsprechend steile Hänge, an denen Weinbau betrieben wird. Und dann die terrassierten Steillagen. Bei ihnen wurden mit Hilfe von Trockenmauern Terrassen gebildet, auf denen dann der Weinbau erfolgt. Die Trockenmauern für den Weinbau in Steillagen zu bauen und zu pflegen ist eine zeitintensive und knochenharte Arbeit.
Schöne Beispiele für terrassierte Steillagen hierfür findet Ihr entlang des Neckars, unter anderem in Esslingen, Bad Cannstatt, Untertürkheim und dann weiter neckarabwärts in Ludwigsburg, Marbach, Hessigheim, Besigheim, Walheim, Mundelsheim, Kirchheim und Lauffen. Diese Terrassen und Trockenmauern prägen den Weinsüden – und natürlich Württemberg. Ganz nebenbei bieten sie Heimat für viele seltene Tier- und Pflanzenarten. Darüber haben wir an anderer Stelle im Weinheimat Blog schon geschrieben.
Laut aktueller Erhebung der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau in Weinsberg, der LVWO, waren 2024 von den 10.848 Hektar, auf denen in Württemberg Weinanbau stattfindet, 2.350 Hektar Steillagen. Wie viele davon terrassiert sind, darüber gibt es keine aktuellen Zahlen. Zuletzt in den 10er Jahren unseres Jahrtausends ermittelt, geht man bis heute von rund 800 Hektar aus – also grob einem Drittel der gesamten Steillagen. Von diesen 800 Hektar wiederum liegen – ebenfalls noch der Stand aus den 10er Jahren – 365 Hektar im Kreis Ludwigsburg. Entsprechend engagiert sind dort auch Stadt und Landkreis dabei, um zu helfen, das Kulturgut Steillage zu erhalten.
Auf allen vier Bildern seht Ihr beeindruckende Württemberger Steillagen: Die Lage unterhalb der Burg in Esslingen – eine der kleinsten Einzellagen Württembergs, den Käsberg in Mundelsheim (Kreis Ludwigsburg), die Steillagen zwischen Neckarweihingen und Poppenweiler in Ludwigsburg sowie die Rosswagewr Halde in Vaihingen/Enz (Enzkreis). Fotos: Daniel Schneider
Nun soll es in diesem Beitrag ja aber darum gehen, wie Ihr eine gute Zeit in den Steillagen verbringen könnt – und genau diesem Thema wenden wir uns jetzt zu.

Foto: Benjamin Stollenberg
Wandern in den Steillagen
Wettlauf durch die Steillagen
Wem Wandern nicht reicht, kann es auch noch sportlicher haben. Beim jährlichen „401 Stäffele Teamlauf “ in den Steillagen Rosswags, einem Stadtteil von Vaihingen an der Enz im Kreis Ludwigsburg. Hier findet jährlich ein in seiner Art einzigartiger Wettlauf quer durch die Steillagen statt. Los geht’s an der Alten Kelter in Rosswag, von dort geht es 401 Weinbergstaffeln hoch, auf der Rückseite des Weinbergs lauft Ihr auf einem Rundkurs wieder zurück zum Start. Eine Runde umfasst 2.300 Meter.
Weitere Besonderheit beim 401-Stäffelelauf: Es ist ein Teamlauf! Das heißt, Ihr tretet in Zweier- oder Viererteams an. Das Rennen geht 101 Minuten lang und die Mitglieder Eurer Gruppe wechseln sich nach jeder Runde ab. Das heißt: Es ist zu jeder Zeit des Rennens jeweils ein Läufer von Euch auf der Strecke. Das Team, das am Ende des Rennens – nach 101 Minuten – die meisten Runden gelaufen hat, gewinnt.
Die Siegprämie ist bei diesem Lauf – wie könnte es anders sein – Lemberger. Der schwerste Zeilnehmer des Siegerteams wird in Wein aufgewogen.
Freut Euch auf begeisterte Fans an der Strecke, die Euch anfeuern.
Mehr zum 401-Stäffele-Teamlauf erfahrt Ihr direkt beim Veranstalter des Events.
Fotos: Event Service Stahl
Klettern in den Steillagen
Eine weitere sportliche Freizeitaktivität bieten die Felsengärten in Hessigheim, ebenfalls im Kreis Ludwigsburg. Hier trifft man regelmäßig Kletterer – zum Teil in der Vorbereitung der alpinen Saison. Die Felsengärten sind Felsen, die mitten aus einer faszinierenden Weinbergslandschaft herausragen. Diese verfügen über rund 130 Kletterrouten vom 3. bis 9. Grad – hier sieht man regelmäßig Alpinisten trainieren. Dies ist hier erlaubt, aber unter einer Reihe von Auflagen, weil wir uns hier in einem Naturschutzgebiet befinden.
Letzteres begründet sich darin, dass hier eine große Zahl sonnenliebender Pflanzenarten leben. Und auch Tiere, die hier genau auf sie zugeschnittene Lebensbedingungen finden, darunter die Mauereidechse. Ein Wanderweg führt direkt an den Felsengärten vorbei.
Kleine Background-Info für alle Freunde der Geologie. Die Felsblöcke der Felsengärten bestehen aus Gesteinen des oberen Muschelkalks, entstanden vor rund 240 Millionen Jahren, vorwiegend durch Ablagerung von Kalkschlamm auf dem flachen Meeresboden. Wer ganz genau schaut, entdeckt hier und da Reste von Tieren aus der damaligen Zeit, Muscheln zum Beispiel oder Schnecken. Auch Knochenreste und Zähne von Haien und Fischsauriern wurden hier schon gefunden.
Aber Achtung, gerade wenn Ihr mit der Familie unterwegs seid: Auf dem stellenweise recht engen Wanderweg geht es an der Seite hin und wieder sehr steil und tief hinab. Dafür werdet Ihr mit phantastischen Ausblicken auf den Neckar, die Steillagen und auf Besigheim belohnt.
Mehr zu den Felsengärten erfahrt Ihr hier.
Fotos: Benjamin Stollenberg
Über den Wolken in den Steillagen
Wer mag, kann die Steillagen auch aus der Luft erleben – mit dem Blick von oben. Hier genießt Ihr eine Weinprobe, ein Vesper, die traditionelle Ballontaufe und natürlich den unverwechselbaren Anblick der Steillagen. Zum Beispiel den von Vaihingen an der Enz. Außerdem erhaltet Ihr eine persönliche Urkunde, einen Sektumtrunk, ein Geschenkpaket und den Rücktransport zum Startplatz.
Das Ganze ist auch eine gute Idee als Geschenk, zum Beispiel zu einem runden Geburtstag – oder als ausgefallene Idee für einen Heiratsantrag. Fragt aber vorher nach, ob Euer Angebeteter oder Eure Angebetete frei von Höhenangst ist. 🙂
Weitere Informationen zur Ballonfahrt „Wind und Wein“ erhaltet Ihr hier.
Auch Weinerlebnisführer bieten Touren in die Steillagen
Gut organisiert in die Steillagen kommt Ihr auch auf verschiedenen Touren mit Weinerlebnisführern. Unter anderem werden hier immer wieder auch Touren auf dem Segway auf den Wegen durch die Steillagen angeboten. Ganz relaxet und doch mit jeder Menge Abenteuer.
Zum Beispiel bei einer Tour mit Günther Schuster zu den Ludwigsburger Foto-Spots “Kechlerfälle”, “Heldenschmiede” und “Bergstirn”? Von dort habt ihr einen einmaligen Blick über das Neckartal! Während der Tour werdet Ihr mit Vesper, alkoholfreien (logisch, wegen des Segways) Weinen und Seccos versorgt und erfahrt Spannendes über die Steillagen um Euch herum.
Weitere Informationen hierzu findet Ihr hier.
Ihr wollt mithelfen, die Steillagen zu erhalten? Hier kommen die Möglichkeiten
„Heldenschmiede“ in Ludwigsburg
Eines der Programme ist die „Heldenschmiede“ in Ludwigsburg. Hierbei handelt es sich um ein Schulungsprogramm, das die Stadt Ludwigsburg zusammen mit den Weingärtnern Marbach durchführt. Die „Heldenschmiede“ hat sich zum Ziel gesetzt, die terrassierten Steillagen am Neckar in Ludwigsburg zu erhalten.
Für diesen Zweck werden bei diesem Projekt Nachwuchs-Hobby-Winzer ausgebildet. So treffen sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ab Frühjahr 16 mal im Jahr, um einen eigenen Weinberg in Ludwigsburgs Steillagen zu bewirtschaften. Erfahrene Trainer, Coaches und Weinerlebnisführer übernehmen diese Ausbildung. Trollinger und Lemberger sind es, die von der Heldenschmiede angebaut werden. Sie werden später von den Weingärtnern Marbach zu drei verschiedenen weinen verarbeitet.
Bereits über 100 Teilnehmende waren bei der Heldenschmiede dabei – seit vier Jahren gibt es dieses Projekt. Einen halben Hektar Schulungsweinberg bewirtschaften die Teilnehmenden, die ehemaligen zusätzlich circa einen weiteren halben Hektar in Eigenregie. Wer mag, kann nach Abschluss des „Ausbildungsjahres“ kostenfrei einen eigenen kleinen Weinberg von der Stadt Ludwigsburg pachten.
Zurück zum Kurs selbst: In diesem werden in Theorie und Praxis Themen- und Anwendungsbereiche wie Rebschnitt, Ertragsmanagement, Reife und Lese vermittelt. Und wer fleißig schuftet, darf natürlich auch genießen: So gibt es regelmäßig Weinproben mit passender Kulinarik. Die Teilnahmegebühr für die Heldenschmiede beträgt 490 € pro Person, für fortgeschrittene Teilnehmende 150 € und es gibt ermäßigte Preise für Ehepartnerinnen bzw. -partner sowie für Studierende.
Mehr Infos zum Projekt Heldenschmiede – inklusive eines Videos über das Projekt – findet Ihr hier.
Steillage für Jeden: Das „Steillagenkollektiv“ in Vaihingen / Enz
Wer Steillagen zwar liebt, aber nicht unbedingt in ihnen aktiv werden will, für den kann in Vaihingen an der Enz das Projekt „Steillagenkollektiv“ interessant sein. In diesem Projekt gibt es die Möglichkeit der Teilhabe an einer Weinbergterrasse – in Form einer Patenschaft. Mit 365 Euro pro Jahr unterstützt Ihr die Weingärtner bei der Bewirtschaftung der Weinberge – und erhaltet dafür die Patenschaft für ein ar Weinberg in der Steillage.
Dies zeigt sich darin, dass Ihr ein Namensschild an Eurer Terrasse bekommt, vier Mal im Jahr sechs Flaschen Wein und jede Menge Aktivitäten, von informativen Stammtischen rund um Wein und Weinbau über fachliche Weinbergbegehungen bis zur Teilnahme an der Weinlese.
Die Weingärtner wiederum verpflichten sich im Gegenzug zu naturnahem Wirtschaften. Sie verzichten auf Herbizide und Insektizide und fördern damit die Biodiversität im Weinberg. Nach und nach wollen sie den Rebbestand durch robustere Sorten ersetzen und erhalten die zu Anfang des Beitrags ja schon erwähnten Trockenmauern.
Das von der Lembergerland Kellerei Rosswag ins Leben gerufene Projekt hat bereits Patenschaften für über 400 Terrassen vermittelt.
Wie auch immer Ihr Eure Zeit in den Steillagen verbringt, wir wünschen Euch viel Spaß dabei.
Titelbild: Der Esslinger Weinerlebnisweg, Foto: Daniel Schneider
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Erstellt am 30. April 2025