Man sieht mehrere aufeinanderliegende Holzfässer

Holzfass und Edelstahltank – die Unterschiede

In der Vorstellung der Meisten reift Wein in großen, alten Holzfässern. Und das stimmt auch für viele Weine. Neben dem Holzfass gibt es aber auch Stahltanks – wir stellen Euch heute die Unterschiede vor.

Edelstahltank, großes Holzfass und Barrique

Alle Romantiker müssen jetzt ganz tapfer sein – wir räumen gleich einmal mit dem ersten Vorurteil auf. Bei weitem nicht jeder Wein kommt aus einem Holzfass. Ganz im Gegenteil: Der weit größere Teil der Weine am Markt reifte im Stahltank. Was zunächst eher etwas lieblos klingt, hat auch handfeste Vorteile. Stahltanks sind langlebiger, weniger pflegebedürftig und leichter zu reinigen als Holzfässer. Und: Sie verhalten sich gegenüber dem Wein neutral, der Wein entwickelt in ihnen exakt und unbeeinflusst vom Fass genau „seine“ Aromatik. Logisch: Stahl ist undurchlässig für Sauerstoff und gibt keine eigenen Aromen an den Wein ab.

Viele Weinfreunde schätzen es sehr, dass das Gebinde Einfluss auf die späteren Aromen im Wein nimmt. Und genau dies kann das Holzfass. Denn Holz ist im Gegensatz zu Stahl ein lebendes, atmendes Material. Dadurch wird der Austausch von Sauerstoff durch die Wand des Fasses möglich. Diese Mikrooxigenation beeinflusst wesentlich die Reifung des Weines im Fass.

Hinzu kommt, dass das Holz sogenannte Röstaromen an den Wein abgibt. Wie stark dieser Effekt ist, hängt vom Alter des Fasses ab, außerdem von dessen Holzart und davon, wie oft man es bereits zur Weinlagerung genutzt hat. Je jünger das Fass und je weniger häufig genutzt, umso mehr Aromen gibt es (noch) an den Wein ab.

Größe, Alter und Herkunft des Fasses spielen eine Rolle

Der Einfluss des Fasses auf die Aromen des in ihm erzeugten Weines ist außerdem umso größer, je kleiner das Holzfass ist. Beim kleinen Eichenfass, dem sogenannten Barrique, findet er seinen Höhepunkt. Denn beim Barrique verteilen sich die Aromen, die das Fass abgibt, auf eine kleine Weinmenge. Wir sprechen hier von rund 225 Litern Inhalt. Nach drei bis vier Belegungen ist das Barrique ziemlich ausgelaugt.

Ein großes Holzfass kann mehrere tausend Liter fassen. Beim klassischen und in Deutschland sehr häufig verwendeten „Stückfass“, man spricht auch vom „Fuder“ reden wir von 1.200 Litern Fassungsvermögen. Das Ganze gibt es auch als „Halbstück“ und Doppelstück, mit dann 600 bzw. 2.400 Litern Fassungsvermögen. Zum Vergleich: In den vorhin beschriebenen Edelstahltank gehen bis zu mehrere hunderttausend Liter Wein – 100.000 Liter sind hier keine Seltenheit.

Man kann das Ganze übrigens durchaus auf die positive Spitze treiben. So gibt es Genossenschaften, die Wert darauf legen, dass das Holz ihrer Fässer aus heimischen Wäldern stammt. Der Grund liegt auf der Hand: In diesem Fall hatte der Baum, von dem das Holz stammt, dasselbe Terroir wie die Reben, von denen die Trauben für den Wein kommen. Damit wird die Herkunft des Weines auch von dieser Seite her noch einmal sauber herausgearbeitet und betont. Für die meisten Holzfässer werden allerdings französische oder amerikanische Eiche verwendet.

Welcher Wein in welchem Fass?

Wie oben bereits angedeutet eignen sich Weine nicht gleichermaßen für jedes Gebinde. So lässt sich die charakteristische Frische, die wir an Alltagsweinen schätzen, deutlich leichter und besser im Stahltank erzielen. Auch die Fruchtigkeit und die beim Weißwein geschätzten feinen, filigranen Aromen werden dann nicht durch Holzaromen überlagert oder sogar überdeckt. Eine der wenigen Ausnahmen ist der Chardonnay, den viele Kenner für seine Cremigkeit schätzen. Ihm stehen die weichen Noten, die ihm das Holzfass mitgeben kann, erstklassig.

Und auch den meisten Rotweinen. Sie verfügen von Natur aus über kräftige Aromen, die durch ein mit Verstand und nicht übertrieben getoastetes Fass richtig schön abgerundet werden. Die Mikrooxidation im Holzfass lässt die Weine langsam reifen und die Aromen des Holzes geben ihm den letzte Kick, in Verbindung mit seinen Tanninen führen sie am Ende zu dem ausgewogenen Geschmackserlebnis, das viele Genießer am Rotwein so schätzen.

In den Kellern der Weingärtnergenossenschaften gibt es deshalb beides: Holzfässer und Edelstahltanks. Übrigens: Es ist bei weitem nicht immer eine Entweder-oder-Entscheidung, die der Kellermeister trifft. Viele Weine liegen im Laufe ihrer Reifung in beiden Gebindearten. Ein guter Kellermeister versteht das Spiel mit unterschiedlichen Gebinden.

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