Heute kümmern wir uns um einen Begriff, der Euch immer dann zu Ohren kommen wird, wenn die Rede von hochwertigen Rotweinen ist: Tannine. Was sind Tannine und wozu sind sie gut?
Tannine, oder wie Ihr genauso sagen könnt „Gerbstoffe“, sind bei der Weinerzeugung von Anfang an dabei. Denn: Sie sitzen bereits in der Traube, konkret in den Schalen der Beeren, aber auch in den Kernen und Stielen. Dies hat die Traube übrigens mit zahlreichen weiteren Früchten, aber auch Tee, Kakao, Kaffee und sogar Getreide gemeinsam. Und Mutter Natur hat sich das sehr gut ausgedacht mit den Tanninen. Denn: Sie schützen die Früchte davor, gefressen zu werden. Schließlich verleihen diese ihnen einen leicht bitteren Ton. Außerdem wird ihnen eine antiseptische Wirkung zugeschrieben, das erschwert Fäulnisbakterien die Arbeit. Der Biologe und der Chemiker sprechen in dem Zusammenhang auch gerne von Polyhydroxyphenole aus der Familie der Polyphenole. Weingärtner und Kellermeister wiederum verwenden gerne den Ausdruck Gerbstoffe. Übrigens: Experten kennen heute über 30 verschiedene Tannine. Und nicht alle haben die gleiche Wirkung auf Wein.
Selbst wer noch nie vorher mit Tanninen zu tun hat, bemerkt sie. Denn: Tannine wirken unmittelbar auf unsere Schleimhäute. Sie ziehen sich bei Kontakt mit Tanninen zusammen. Beziehungsweise verursachen ein leicht pelziges Gefühl auf der Zunge. Heißt: Obwohl Tannine geschmacklos sind, könnt Ihr sie schmecken. Wobei das gerade beschriebene Geschmacksgefühl ja eher nicht erwünscht ist. Wie es dem Kellermeister gelingt, Tannine so zu nutzen, dass Ihr geschmacklich davon profitiert, darüber sprechen wir später hier im Artikel.
Tannine: Mehr davon im Rotwein
Was Tannine angeht, hat Rotwein in aller Regel die Nase vorne. Das kann auch gar nicht anders sein, denn tatsächlich geben wir dem Weißwein durch die Art seiner Erzeugung kaum eine Chance, zu einer nennenswerten Menge an Gerbstoffen zu kommen. Bei der Weißweinerzeugung werden ja bereits zum Start des Prozesses Saft und Maische voneinander getrennt. Dadurch haben die Gerbstoffe kaum eine Chance, aus Schalen und Stielen in den Wein überzugehen. Und selbst wenn man sie ließe: Weiße Trauben enthalten von Natur aus bereits weniger Tannine als rote. Im direkten Vergleich sind es vor allem die roten Trauben, die Tannine enthalten.
Was diese Gerbstoffe nun hervorragend können, ist die im Wein ohnehin vorhandenen Aromen zu unterstützen. Der Wein wirkt durch sie voller, komplexer. Körper, Struktur und Textur des Weines profitieren. Dazu kommt: Tannine sorgen dafür, dass der Wein länger gelagert werden kann. Dies rührt daher, dass die Gerbstoffe Sauerstoff binden. Und wie Ihr wisst, führt dieser ja zur (unerwünschten) Oxidation des Weines. Gerbstoffe verhindern nun, dass sich der Sauerstoff am Wein „vergreifen“ kann und in der Folge bleiben die Aromen länger erhalten.
Auch Kellermeister hat Einfluss
Hier kommt jetzt der Kellermeister ins Spiel: Wir haben ja oben erzählt, dass Gerbstoffe beim Kontakt mit Eurem Gaumen und Eurer Zunge dazu führen, dass sich Eure Schleimhäute zusammenziehen und Ihr ein pelziges Gefühl auf der Zunge verspürt. Bei allem Respekt vor der Leistung von Tanninen im Bezug auf Fülle und Haltbarkeit des Weines ist dies ein unerwünschter Effekt. Das Schöne ist aber: Er tritt nur bei jungen Tanninen auf. Je ausgereifter die Tannine sind, desto weniger adstringierend wirken sie. Oder positiv formuliert: Gekonnt ausgereifte Tannine führen zu einer einer runden, weichen Gerbstoffstruktur. Dies erreicht man durch entsprechend längere Lagerung des Weines.
Und auch Ihr habt darauf im Fall des Falles noch Einfluss: Erscheinen Euch die Tannine beim Öffnen der Flasche noch hart und unreif, gibt es einen Trick. Lasst den Wein einfach eine Weile atmen. Denn dadurch kommt so viel Sauerstoff an den Wein, dass dieser die Tannine so beschäftigt, dass zum einen die Aromen hervorgehoben werden als auch die Adstringenz, also dieses Gefühl, dass sich Euer Mund beim trinken zusammenzieht, verringert oder beseitigt werden. Zum Belüften des Weines verwendet Ihr am besten eine Karaffe.
Wie kommen Tannine in den Wein?
Ihren Weg in den Wein finden Tannine zunächst durch die Maischegärung. Neben der Farbe und den Aromen, die in den Traubenschalen sitzen, lösen sich von dort dann auch die Tannine und finden ihren Weg in den Wein (zu diesem Zeitpunkt noch Most).
Das war es aber noch nicht zwangsläufig. Wird der Wein im Holzfass ausgebaut, gibt auch dieses weitere Tannine an den Wein ab. Je neuer das Holzfass ist, desto mehr. Besonders stark ist dieser Effekt beim kleinen Eichenfass, dem Barrique. Logisch: Die in seiner Wand vorhandenen Tannine verteilen sich dann ja auf eine viel kleinere Menge an Flüssigkeit. Und: Das Holzfass ist nicht nur selbst in der Lage, Tannine an den in ihm gelagerten Wein abzugeben, es entwickelt die Tannine im Wein auch entsprechend weiter. Auch dies spricht für die gerade schon angesprochene, längere Lagerung im Fass.
Und schließlich unterscheiden sich die einzelnen Rebsorten auch noch in ihrem Tanningehalt. Zu den Sorten mit wenigen Tanninen zählt wieder einmal unser Trollinger, aber auch der Spätburgunder. Richtige Tannin-Weltmeister finden sich unter den Cabernetsorten.
Was kann schief laufen?
Das Spiel mit den Tanninen ist zweifellos eines, das Weingärtner und Kellermeister beherrschen müssen. Sonst kann der Schuss auch nach hinten losgehen.
Eine späte Lese und hohe Reife sorgen für weich empfundene Tannine. Unreife Gerbstoffe dagegen schmecken aufdringlich. Um die angenehm herbe, leicht bittere und leicht pelzige Note, die Ihr möglicherweise am Rotwein besonders schätzt, zu erreichen, gilt es für diese, das Thema während des gesamten Erzeugungsprozesses gut im Auge zu behalten.
Und zum Schluss das Beste: Tannine als solche – NICHT der Wein selbst und als Gesamterzeugnis – sind gesund! So haben Wissenschaftler herausgefunden, dass Tannine eine Vielzahl von Viren deaktivieren können. Aber, noch einmal, um Missverständnisse zu vermeiden: Dies tun sie unabhängig vom sie umgebenden Wein. Denkt in diesem Zusammenhang beispielsweise an Traubenkernöl, wo Tannine als Antioxidatien genutzt werden.
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