Eiswein-Lese in der Weinheimat Württemberg

In der Nacht von Montag, 21. Januar, auf Dienstag, 22. Januar war es wieder soweit: In mehreren unserer Württemberger Weingärtnergenossenschaften ging es an die Lese von Eiswein!

Zunächst erst einmal für alle, die im Thema nicht so drin sind: Um was handelt es sich überhaupt bei Eiswein? Eiswein heißt so, weil die für ihn geernteten Trauben am Rebstock gefroren sein müssen. Minus sieben Grad sind zum Zeitpunkt der Ernte Vorschrift. Das heißt: Der Weingärtner hat im Herbst nicht alle Trauben gelesen, sondern eine „Reserve“ am Stock hängen lassen, in der Hoffnung, dass es irgendwann im Winter mal so richtig kalt wird.

Die Gefahr: Kommt der Frost zu spät im Winter, kann es sein, dass die Trauben vorher bereits verfaulen – dann ist dieser Teil der Ernte unwiederbringlich verloren. Das ist auch der Grund, warum viele Genossenschaften dieses Jahr nicht auf die Lese von Eiswein spekuliert haben. Die eigentliche Lese im Herbst war so früh, das heißt die Trauben waren so früh reif, dass man Angst hatte, dass zu wenige Trauben die „kalte Zeit“ nach Neujahr noch heile erreichen. Denn: Die Wette auf Eiswein ist immer auch eine Wette gegen den Regen.

Aber zurück zu denen, die auf Eiswein gesetzt haben. Damit es auch während der Eisweinlese garantiert kalt genug ist (bzw. bleibt), wird meist in der Nacht oder am frühen Morgen gelesen.

Eiswein ist eine begehrte Spezialität

Warum wird dieser Aufwand betrieben? Eiswein kann mit einer einzigartigen Süße glänzen – bis über 200 Öchsle sind möglich, normaler Wein schafft meist nicht einmal die Hälfte. Nicht zuletzt deshalb und natürlich deshalb, weil er eben eine recht große Seltenheit aufweist, ist Eiswein sehr wertvoll, beliebt und teuer.

Man sieht ein Messgerät, das 151 Öchsle anzeigt

151 Öchsle wurden bei der Eiswein-Lese der Weinkellerei Hohenlohe dieses Jahr gemessen

Wie aber kommt es zu diesen traumhaft hohen Öchsle-Werten und der kräftigen, einzigartigen Aromatik beim Eiswein? Nun: In der Traube gefriert das bisschen Wasser, das zu dem späten Zeitpunkt noch geblieben ist. Die eigentlich erntereifen Trauben hängen ja seit Herbst und verlieren nach und nach durch die durchlässig werdende Haut immer mehr Flüssigkeit. Der Zuckergehalt und die Extrakte bleiben jedoch erhalten und werden im Bezug zum immer weniger vorhandenen Wasser in der Beere immer konzentrierter. Und so könnt Ihr ein paar Monate später den edelsüßen Wein genießen.

Jetzt ein Blick auf die Eiswein-Lesen in unseren Genossenschaften in den letzten Tagen.

Die Lese des Eisweins bei den Heuchelberg Weingärtnern

Die Heuchelberg Weingärtner gar keinen Hehl daraus: So richtig an Eiswein geglaubt hat man nach den fehlenden Minusgraden der letzten Wochen nicht mehr. Die Heuchelberg Weingärtner hatten jedoch einige lockerbeerige Spätburgunder-Trauben vom Klon Mariafeld hängen lassen. Und das, obwohl Spätburgunder eher ein Exot unter den Eisweinen ist. Warum das Ganze diesmal besonders exotisch wird, lest Ihr weiter unten.

Die Heuchelberg Weingärtner im Scheinwerferlicht bei der Lese des Eisweins 2019  Trauben im Scheinwerferlicht, Eiswein-Lese bei Nacht

Eigentlich hatte man für die Lese auf die Nacht der Mondfinsternis gehofft, jedoch erschienen die Temperaturprognosen nicht ausreichend. Gezielt wartete man deshalb die kalte Nacht von Sonntag auf Montag ab, da wurden die Trauben bereits klamm. Ein Effekt, den man bei der Eisweinlese kennt: Meist reicht eine kalte Nacht nicht aus. Es braucht eigentlich immer zwei hintereinander. Jetzt brauchte es also noch eine weitere so kalte Nacht und die Trauben würden vollständig durchfrieren. Und tatsächlich: Der Wunsch wurde erfüllt. Am frühen Dienstagmorgen konnte der Vorstandsvorsitzende Ulrich Bader bei unter -9 °C den Startschuss zur Lese geben.

Bürgermeister nehmen an der Lese teil

Eine fast 50 Personen starke Lesemannschaft, darunter die Schwaigerner Bürgermeisterin Sabine Rotermund und ihre beiden Amtskollegen Ralf Steinbrenner aus Leingarten, Volker Schiek aus Nordheim, sowie der Kleingartacher Ortsvorsteher Friedhelm Ebert ging ans Werk. Kurz vor 7:00 Uhr morgens ging es los. Das Team erntete innerhalb einer Stunde eine Fläche von ca. 30 Ar ab, wobei die Trauben erstaunlich gesund waren. Am Ende kamen 800 Liter eines „blutmondrot“ gefärbten Saftes zusammen, der 163 Grad Oechsle auf der Mostwaage anzeigte.

Die Heuchelberg Weingärtner bei der Eiswein-Lese  

Gleich zwei Besonderheiten sind es, die diesen Eiswein besonders machen werden. Zum einen ist es Eiswein aus dem Weinberg der Familie der amtierenden Württembergischen Weinkönigin Julia Böcklen. Sie hatte es aufgrund ihres Einsatzes auf der Internationalen Grünen Woche in Berlin nicht selbst zur Lese geschafft. Und: Die für einen Eiswein äußerst ungewöhnliche rote Farbe! Durch die extreme Reife der Spätburgundertrauben hat sich offenbar bereits so viel Farbstoff in den Saft gemischt, dass die Heuchelberg Weingärtner voraussichtlich etwas ganz seltenes bekommen werden: Einen Weißherbst-Eiswein mit auffällig viel Farbe. Normalerweise bleibt Eiswein aufgrund der bei seiner Herstellung angewendeten Technik beim Keltern weiß – und zwar auch bei Rotweintrauben. Der Grund: Man kann Eiswein-Trauben vor den Pressen nicht erhitzen, so wie man das normalerweise bei Rotwein machen würde, weil dann das gefrorene Wasser in der Traube, das man ja bei Eiswein eben nicht auspressen will, schmelzen würde.

Ein fleißiger Helfer bei der Eisweinlese der Heuchelberg Weingärtner   

Eiswein bei der Weinkellerei Hohenlohe

Ebenfalls in der Nacht von Montag auf Dienstag waren die Weingärtner der Weinkellerei Hohenlohe aktiv. Morgens um 5 Uhr ging es in Bretzfeld bei minus 8 Grad Celsius los, mit über 20 Personen, die sich zusammen 30 ar Rieslingreben vornahmen.

Die Hohenloher Weinkönigin Kim-Philin Pfisterer bei der Eiswein-Lese 2019

Die Hohenloher Weinkönigin Kim-Philin Pfisterer

Eine echte Premiere war das Ganze für Marc Schmitgall, den seit Januar verantwortlichen Kellermeister der Weinkellerei Hohenlohe. Blickfang in den Reben war aber mit Sicherheit eine andere, und zwar die Hohenloher Weinkönigin Kim-Philin Pfisterer, die ebenfalls vor Ort mit anpackte. 151 Öchsle hatten die gelesenen Trauben, die jetzt in aller Ruhe zu Eiswein werden dürfen.

Um die Trauben zu ernten wurde der Weinberg mit den Scheinwerfern von drei „Wengertschleppern“, also Weinbergtraktoren beleuchtet. Diese sind jeweils vor und nach der „Lesemannschaft“ die Reihen entlang gefahren. So hatten die Lesehelfer ausreichend Licht, um die Trauben zu ernten.

Kim-Philin Pfisterer und der neue Kellermeister der Weinkellerei Hohenlohe, Mark Schmitgall

Kim-Philin Pfisterer und der neue Kellermeister der Weinkellerei Hohenlohe, Marc Schmitgall

Weingärtner Markelsheim

In Markelsheim wurde schon einen Tag früher gelesen. Schon am frühen Montagmorgen ging es hier zur Sache. Nun hat Markelsheim ja die Besonderheit, ganz eigene Rebsorten zu haben, darunter den autochtonen Tauberschwarz. Für ihren Eiswein haben die Kurstädter dann aber doch Silvaner gelesen.

Man sieht mehrere Helfer bei der Eisweinlese 2019 der Weingärtner Markelsheim, im Morgengrauen

Minus 10 Grad zeigte das Thermometer in der Lage Propstberg, fleißige 15 Helfer waren insgesamt eine Stunde beschäftigt, die letzten, noch erstaunlich gesunden Trauben des Jahrgangs 2018 zu lesen. Mit auch quantitativ erstaunlichem Ergebnis: Rund 1400 Kilo kamen zusammen. Mit durchschnittlich 155 Grad Oechsle kann sich auch das Mostgewicht mehr als sehen lassen. Das macht dann rund 400 Liter Konzentrat, das von jetzt an zu Eiswein herangären wird. So ab Ostern soll der 2018er Eiswein aus Markelsheim dann in den Verkauf gehen.

Ein Helfer der Eisweinlese 2019 in Markelsheim schüttet dem anderen Trauben in die Bütte

Es war übrigens höchste Zeit, dass in Markelsheim wieder einmal Eiswein gelesen wurde – der 2012er Eiswein ist nämlich längst ausgetrunken. Gespannt darf man indes auf den Namen des Eisweines sein. So soll bei der Namensgebung möglicherweise der Tatsache Rechnung getragen werden, dass der Wein während der Mondfinsternis gelesen wurde.

In der Kelter in Markelsheim werden die angelieferten Trauben verarbeitet, man sieht zwei Helfer bei der Arbeit

Die tollen Fotos von vor Ort in Markelsheim sind übrigens von Thomas Weller, der auch schon Fotograf des Monats im Fotoportal der Weinheimat Württemberg war.

Württembergische Weingärtner-Zentralgenossenschaft

Da auch die WZG ihre Kunden mit Eiswein verwöhnen möchte, wurde am Ochsenbacher Liebenberg Riesling gelesen. Bei minus 9 Grad Celsius kamen rund 350 Liter Eisweinmost zusammen, mit 138 Öchsle. Als Nachlauf kamen noch einmal rund 250 Liter mit 118 Öchsle dazu. Der Saft ist goldgelb bis honigfarben.

       

Felsengartenkellerei Besigheim

Dienstag früh um 4 Uhr ging es auch bei der Felsengartenkellerei Besigheim los. Die Eisweinlese konnte starten. Bei bis zu minus 9,5 Grad Celsius hieß es, sich warm einzupacken, dann raus in die Kälte und lesen. Insgesamt 1788 Kilogramm tiefgefrorene Riesling-Eiswein-Trauben wurden nach Hause gebracht. Jetzt heißt es erst einmal, sich in Geduld zu üben und dem Eiswein die nötige Zeit zu lassen. Wir wünschen viel Erfolg.

Man sieht mehrere Helfer bei der Eisweinlese 2019 der Felsengartenkellerei Besigheim, im Scheinwerferlicht       

Immer aktuell informiert über das aktuelle Geschehen in den Württemberger Weingärtnergenossenschaften im Wein Heimat Blog.

 


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