Die Speisemeisterei in Stuttgart-Hohenheim geriet trotz Michelin-Stern im Frühjahr 2018 in die Insolvenz. Das Catering-Unternehmen Bayer&Scholz übernahm und sorgte für einen Wiederaufschwung mit dem alten, dem Unternehmen treu gebliebenen Team. Auch Stefan Gschwendtner, seit August 2016 Küchenchef, steht weiterhin am Herd und kocht großartig auf.
Interview: Rudolf Knoll, Fotos: Roland Bauer
Was hat Sie als Koch besonders geprägt? War das Ihre Ausbildung in dem fast legendären Zwei-Sterne-Restaurant Schweizer Stuben in Wertheim?
Nur bedingt. Noch mehr habe ich von Stefan Marquard in seinen «3 Stuben»in Meersburg profitiert. Er ist ein exzellenter Koch, bekannt vom Fernsehen. Als er mal unerwartet in der Speisemeisterei war, hat er mir hinterher gratuliert, mein Menü habe Zwei-Sterne-Qualität gehabt. Das ging runter wie ein Spitzenwein.
Sie standen in Stuttgart einige Jahre etwas im Schatten des ebenfalls vom TV bekannten Frank Oehler. Konnte er sich, als er sich vom Herd zurückzog und Sie Chef in der Küche wurden, zurücknehmen?
Das hat er. Ich konnte mich eigenständig weiter entwickeln, neue Ideen einbringen, auch jetzt, unter der neuen Leitung mit den Betreibern Alexander Scholz und Jochen Bayer, die erfahrene Profis im Cateringbereich sind.
War die Nachricht von der Insolvenz für Euch ein Schock?
Sie kam für uns alle überraschend, obwohl wir wussten, dass wir jedes Jahr rote Zahlen geschrieben haben, sogar im Spitzenjahr 2017. Doch mein Team blieb bei der Stange, was nicht selbstverständlich war. Das lag wohl auch an der immer hervorragenden Zusammenarbeit. Eine Weile hörten wir auf die Insolvenz-Kanzlei. Jetzt setzen wir gemeinsam alles dran, um deutlich zu machen, dass es uns immer noch gibt. Und vielleicht besser und raffinierter als jemals zuvor.
Was hat sich kulinarisch geändert?
Wir haben das Angebot etwas gestrafft, aber jetzt zum Beispiel einige Gemüse-Gänge auf der Karte. Das Wort vegetarisch haben wir nicht im Repertoire. Wir brauchen auch nicht unbedingt Hummer und besondere Edelfische und achten auf den regionalen Charakter unserer Ware. Wir haben hier einen klaren Radius. Stopfleber und Thunfisch müssen nicht sein. Unser Gemüselieferant muss sich an der Jahreszeit orientieren, wir wollen nichts, was aus Übersee eingeflogen wurde.
Lassen Sie sich international inspirieren?
Ich finde es sehr spannend, was in Japan kulinarisch passiert. Wir arbeiten gern zum Beispiel mit Soja-Saucen und besonderen Aromen. Leider war ich noch nie vor Ort, aber diese Reise steht auf meinem Wunschzettel, weil ich die authentische japanische Küche kennenlernen will. Bei den Japanern in Deutschland ist das nicht möglich. Ansonsten opfere ich viel Freizeit für die Lektüre von Kochbüchern. Da habe ich eine riesige Sammlung. Ich bin halt sehr neugierig.
Wie schaut Ihr Tagesablauf aus?
Zum Frühstück leiste ich mir meist nur etwas bittere Schokolade. Meine Frau findet meine Ernährung fürchterlich. Dann bringe ich unseren Kleinsten in den Kindergarten. Anschließend wird im Restaurant die Post gecheckt und ich mache Saucenansätze für das Mittagsgeschäft. Am Nachmittag habe ich meist Termine mit meinen Chefs, dem Service und Lieferanten. Um 17 Uhr steht für alle zusammen das Abendessen auf dem Programm.
Gehen Sie ab und zu fremd in andere Restaurants?
Aber ja, leidenschaftlich gern, auch mit Azubis und Mitarbeitern in Sterne-Restaurants. So kommen wir auf neue Ideen und können gleichzeitig schmecken, wo wir selbst stehen.
Haben Sie selbst besondere Vorlieben?
Ich mag das Finessenreiche ebenso wie das Rustikale, Bodenständige, also zum Beispiel Rouladen oder Spaghetti Bolognese. Und wenn man Kinder hat, sind gelegentlich Hamburger-Restaurants unvermeidlich.
Was kommt bei Ihnen nie auf den Tisch?
Ist vielleicht eine schwäbische Todsünde. Aber Kutteln und Nierle rühre ich nicht an, da kann ich schon den Geruch nicht ertragen.
Haben Sie eine gute Beziehung zum Wein?
Ich bin sogar ein totaler Weinfan und habe früher viel für den privaten Keller gehortet, neben Weißwein aus Deutschland und Österreich auch Rotweine aus Italien und Bordeaux. Aktuell habe ich immer noch einige hundert Flaschen Vorrat. Übersee ist kein Thema. Im Keller der Speisemeisterei sind wir selbstverständlich regional stark mit etlichen Weinen aus Württemberg. Darunter sind auch gute Tropfen der Genossenschaften aus Cleebronn und Untertürkheim. Die Cleebronner haben sogar einen speziellen Wein für uns kreiert, die weiße und rote Cuvée Fünfzehner. Ich persönlich mag nicht unbedingt schwere Weine, die zu stark vom Holz geprägt sind. Beim Riesling habe ich manchmal etwas Probleme mit der Säure. Ich mag zwar Wein zum Essen, aber am liebsten trinke ich ihn solo.
Wie haltet Ihr es im Restaurant mit dem Wein, wird gezielt kombiniert?
Sehr sogar. Gemeinsam mit meinem Restaurantchef wird viel diskutiert. Zusammen suchen wir die passenden Weine zu den einzelnen Gängen aus und können deshalb auch Weinreisen als Begleitung zu einem Menü offerieren.
Ist Süßwein für Sie selbst spannend?
Für mich nicht, obwohl ich ein Süßer bin, weil ich den Tag mit Schokolade beginne. Allenfalls zum Dessert ist so ein Wein gestattet.
Was halten Sie von Sommeliers?
Da gibt es manche, die schwingen nur große Reden und denken, sie wissen schon alles. Ich mag lieber Leute, die fachkundig sind und zudem im Team mit anpacken, wenn das notwendig ist.
Haben Sie auch über die Gastronomieführer, beziehungsweise Restauranttester eine Meinung?
Vom Michelin halte ich sehr viel. Die Tester geben sich sogar hinterher mit Ausweis zu erkennen. Ansonsten kann ich vor allem den Restaurantführer Gusto empfehlen.
Haben Sie neben dem Kochen noch private Hobbys?
Ich habe früher leidenschaftlich gern Tennis gespielt, aber dafür fehlt mir heute die Zeit. Anstatt dessen fahre ich oft mit dem Fahrrad vom Stuttgarter Talkessel hoch zu unserem Restaurant, damit ich sportlich etwas in Form bleibe.
Mehr zu Stefan Gschwendtner und der Speisemeisterei findet Ihr auf der offiziellen Webseite.
Mehr rund um das Thema Genuss findet Ihr auf dem Wein Heimat Blog.