Gourmet-Interview

Das Gourmet-Interview mit Vincent Klink
Die Speisekarte in der Stuttgarter „Wielandshöhe“ zieren schon mal Spezialitäten wie Kutteln und ein Ragout von Entenmägen. Vincent Klink, einer der namhaftesten Küchenmeister Deutschlands, mag es gern, aber nicht kompromisslos regional und betrachtet sein Restaurant als Ort zum Erholen und Wohlfühlen.

Vincent Klink in seiner Küche

Wie schaut der Tagesablauf eines Spitzenkoches aus?
Ich stehe ab 5 Uhr auf der Matte. Da wird Musik geübt oder geschrieben. Ab 8.30 Uhr bin ich in der Restaurant-Küche zu finden, um vieles vorzubereiten. Dabei spiele ich nicht den großen Zampano, der nur anschafft. Denn ich habe ein gutes Team, darunter etliche selbst herangezogene Seiteneinsteiger. Dazu gehören zum Beispiel ein früherer evangelischer Pfarrer und eine ehemalige Architektin, die schon lange im Haus sind und fast so denken wie ich. Umgekehrt werde ich schon mal kritisiert; meine Frau macht das regelmäßig. Das ist gut so, denn das größte Unglück sind Frauen, die ihren Mann zu sehr anhimmeln. Nach dem Mittagsgeschäft folgt eine Stunde Mittagsschlaf. Bevor ich um 18 Uhr wieder in der Küche stehe, entspanne ich mich bei Musik und Gartenarbeit. Das ist sehr wichtig für mich. Pünktlich um 22.30 Uhr liege ich im Bett. Ich scheue Urlaub, das bringt immer meinen Rhythmus durcheinander.

Woher beziehen Sie Ihre Produkte?
Nach Möglichkeit von Bio-Erzeugern, aber nicht nur. Denn es gibt auch Produzenten, die es nicht können. Auf die Labels ist nicht unbedingt Verlass. Das Brot backen wir selbst.

Wer kocht zuhause, Sie oder Ihre Frau Elisabeth?
Privat kochen ist für mich eine Strafe, für meine Frau nicht. Aber wir gehen auch gern zu Kollegen essen an den freien Tagen, die für mich stets etwas Besonderes sind. Ansonsten leben wir kulinarisch eher einfach.

Und auch gesund?
Der Blutdruck ist etwas zu hoch. Aber sonst hat meine Ärztin trotz aller Forschungsarbeiten nichts gefunden. Ich bin so fit, dass ich keinen Sport brauche. Die Knochen sind zwar etwas eingerostet. Dafür habe ich ein bisserl Reserve auf den Hüften und werfe mehr Schatten als andere.

Haben Sie Lieblingsgerichte und für was können Sie sich überhaupt nicht begeistern?
Leibspeisen habe ich sehr viele. Ich bin immer aufgeschlossen für Neues. Aber von der Molekularküche blieb wenig übrig. Eine persönliche Entdeckung war für mich Aubergine aus der Mikrowelle, die ich normalerweise nicht brauche. Aber so schmeckt sie großartig. Was ich nicht mag, ist übertriebener Firlefanz auf dem Teller. Das erinnert mich an die Straßenkreuzer in den 60er Jahren mit vielen Zierleisten. Ein Geständnis darf ich ablegen: Wenn sich nichts anderes findet, gehe ich – ganz selten – zu McDonald’s. Da weiß ich zumindest, was mich erwartet.

Im Fernsehen stellen Sie mit der ehemaligen Deutschen Weinkönigin Susanne Nett bodenständige Gerichte wie Nudeln mit Zitronenbutter oder Hähnchen mit Sauerkraut vor. Macht das Spaß?
Ist ja nur zweimal im Monat, da freue ich mich drauf. Und es wird live gesendet. Das entspricht meinem Wesen, da kann ich meine ganze Leidenschaft für gutes Essen ohne Netz und doppelten Boden ausleben.

Was halten Sie von der schwäbischen Küche?
Es gibt die Binsenweisheit, dass da, wo Wein wächst, meist besser gespeist wird. Ich bin ja selbst Schwabe und weiß, dass es in kaum einer anderen deutschen Region so viele Spezialitäten wie hier gibt. Man darf uns nicht nur auf Maultaschen, Spätzle und Rostbraten reduzieren. Es gibt noch viel mehr kulinarische Leckerbissen zu entdecken. Wir haben zum Beispiel großartige Nudelspezialitäten zu bieten. Oder eine richtig gute Kuttelsuppe, hinter der aber verdammt viel Arbeit steckt. Deshalb kann das frühere Armengericht nicht billig sein. Man kann auch mit Hackfleisch zaubern, aber das geht nicht für einen Spottpreis. Überhaupt bin ich der Meinung, dass für gutes Essen viel zu wenig Geld ausgegeben wird.

Und wie schaut es mit dem Wein aus?
Nach der Arbeit habe ich erst mal Durst, da brauche ich ein Bier. Wein wird bei mir aus Prinzip nie gegen den Durst getrunken, allenfalls in einer Schorle. Da ich derzeit immer wieder mal in Wien bin, sage ich dazu inzwischen G’spritzter. Grundsätzlich ist für mich ein Leben ohne Wein nicht möglich.

Braucht es dafür bestimmte Weine?
Das hängt von der Tageslaune ab. Riesling trinke ich wenig, wegen der Säure. Mein Magen ist etwas empfindlich. Manchmal darf es ein Riesling mit wenig Fruchtzucker sein. Trollinger mag ich, wenn er auf der Maische vergoren wurde und durch Extrakt erkennen lässt, dass die Erntemenge gering war. Ansonsten frevle ich im Sommer gelegentlich, wenn es richtig heiß ist. Dann wird der Trollinger kühl mit Eiswürfeln getrunken. Zimmerwarm kriege ich einen normalen Trollinger nicht runter.

Aber Sie wagen sich doch sicher auch an höherpreisige Weine …
Ich wollte, ich hätte einen einfachen Geschmack. Doch ich habe nun mal ein Faible für teure Dinge. Mindestens einmal im Monat muss ich deshalb einen bedeutenden Wein aufmachen und genießen. Aber Weine, die eine dreistellige Summe kosten, kommen ganz selten auf den Tisch.

Was halten Sie von den in guten Restaurants fast allgegenwärtigen Sommeliers?
Ich bin froh, dass es diesen Beruf gibt und sich so viele Leute dafür begeistern können. Bisher habe ich bei meinen Restaurantbesuchen fast nur gute Erfahrungen gemacht.

Wie lange wollen Sie noch am Herd stehen?
Ich höre nicht auf, bis mir meine Tochter Eva, die den Service leitet, mal sagt: „Lass uns in Frieden.“

Interview: Rudolf Knoll
Fotos: Roland Bauer

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