Ungestört im Stahlfass reifen oder Veredelung der Aromatik im ausgebrannten Holzfass? Welchen Einfluss haben Holzfässer und Edelstahlfässer auf den Wein? Wie viel Einfluss ist überhaupt gewünscht und unterscheidet sich das von Wein zu Wein?
Holzfass vs. Edelstahltank
Ursprünglich war Holz bei der Produktion und Lagerung von Weinen das wichtigste Material. Nicht zuletzt deshalb, weil es nahezu überall verfügbar und leicht zu bearbeiten war. Das änderte sich, als das Thema Hygiene bei der Weinbereitung wichtiger wurde und Fässer aus Edelstahl oder Beton den Vorzug erhielten. Sie sind langlebiger, weniger pflegebedürftig und leichter zu reinigen. Sie haben aber auch einen Nachteil. Denn in einem Holzfass laufen andere Reifungsprozesse ab. Holz ist im Gegensatz zu Stahl ein atmendes Material, das den Austausch von Sauerstoff ermöglicht. Dieser Effekt wird durch regelmäßiges Umfüllen noch verstärkt, weil jedes Mal auch Luft in das Fass kommt. Auch der Ausgleich des Verdunstungsverlusts durch regelmäßiges Nachfüllen führt zu zusätzlicher Luftzufuhr. Wobei es letztlich von der Fassgröße, dem Fassalter und der Holzart abhängig ist, wie genau der Reifungsprozess abläuft.
Vor allem der Ausbau in den eigentlich in Frankreich üblichen, «Barrique» genannten, kleinen Holzfässern, mit etwa 225 Liter Inhalt, kam Ende des letzten Jahrhunderts nicht nur in Deutschland in Mode. Nach einigen weniger geglückten Versuchen, bei denen scherzhaft die Frage gestellt wurde, ob der Wein vom Winzer oder vom Schreiner gemacht wurde, ist der Umgang mit dem kleinen Holz mittlerweile zum Standard geworden. Aber auch größere Fässer, das Stückfass oder auch Halbstück, sind wieder häufiger in den Weinkellern anzutreffen. Vor allem, weil das Holz sich positiv auf die Säure im Wein auswirkt und sie etwas «weicher» erscheinen lässt, ist das Material wieder stark gefragt. In der Regel baut der Winzer vor allem Weine im Holzfass aus, für die er eine längere Lagerung vorsieht.
Ausbau im Holzfass
Wenn nicht ausdrücklich das Wort «Barrique» oder «kleines Fass» auf der Flasche oder in der Weinbeschreibung notiert ist, handelt es sich in aller Regel um ein größeres Fass, das heißt mit mehr als 350 Litern Inhalt. Denn bis zu dieser Größe darf man noch von einem «Barrique» sprechen. Verwendet man ein solches Barriquefass, geht es in erster Linie darum, bestimmte Aromastoffe aus dem Holz in den Wein zu bringen. Diesen Effekt erzielt man vor allem durch das sogenannte Toasting. Dafür werden die Fässer gezielt mit Feuer behandelt, um das Holz zu rösten, daher der Name «Toasting». Je nachdem, wie stark die Fässer getoastet werden, ist natürlich auch der Effekt auf den Wein stark oder weniger stark. Heute ist ein eher sanftes Toasting gewünscht, denn zu viele Röstaromen können den Wein leicht in die Geschmacksrichtung Vanille-Kokos bringen.
Und zu guter Letzt: Auch die Größe der Fässer spielt eine Rolle. Die Faustregel: Je kleiner das Fass, umso mehr Aromen gelangen aus dem Holz in den Wein. Das Verhältnis von Fassoberfläche zum Weinvolumen ist dafür verantwortlich. Wenn das Holz geschmacklich keine Rolle spielen soll, kommen große Holzfässer zum Einsatz. Sie sind deutlich langlebiger als die kleinen Verwandten und können jahrzehnte-, wenn nicht jahrhundertealt werden. Gewissenhafte Pflege vorausgesetzt. Denn der Nachteil von Holzfässern gegenüber Edelstahltanks sind und bleiben die aufwändige Reinigung und die schwierige Temperaturregelung. Aber auch da gibt es inzwischen Lösungen. Vor allem der Hochdruckreiniger ist bei der Reinigung und Pflege nicht mehr wegzudenken.
Ausbau im Edelstahltank
Der Edelstahltank hat noch einige weitere Vorteile gegenüber dem Holzfass. Nach dem Abfüllen des Weins in Flaschen muss man ein Holzfass, mit nicht unerheblichem Aufwand, reinigen. Danach macht man es haltbar bis zur nächsten Befüllung, meistens mit Schwefel. Bevor man ein Holzfass jedoch erneut mit Wein füllen kann, muss der Winzer es einem Dichtungs-Check unterziehen. Dafür wird das Holzfass mit Wasser gefüllt und verschlossen. Gibt es undichte Stellen, sieht das der Winzer und kann diese, sofern das möglich ist, abdichten. Danach muss das Fass wieder trocknen und wird gegebenenfalls noch ausgebrannt.
Diese Schritte fallen bei der Verwendung eines Edelstahltanks deutlich einfacher aus, bzw. fallen ganz weg. Zudem ist der Hygienefaktor nicht zu unterschätzen. Edelstahl lässt sich deutlich einfacher und besser reinigen als eine poröse und saugfähige Holzoberfläche.
Hinzu kommt, dass in den letzten Jahren der Trend weg von Rotweinen mit deutlicher Holznote geht. Das ist natürlich ein Pluspunkt für den Ausbau im Edelstahlfass.
Fazit
Welche Ausbaumethode am meisten Sinn macht, ist immer abhängig vom Wein. Vielen Rotweinen tut ein Ausbau im Holzfass gut. Sie benötigen die langsame Oxidation und die Holzaromen verbinden sich mit dem Gerbstoff zu einem ausgewogenen Geschmackserlebnis. Fruchtige Weine lassen sich dagegen sehr gut in Edelstahltanks ausbauen. Hier würden sich die Holzaromen störend auf den Geschmack auswirken.
Aus diesem Grund findet man in vielen Keltern heutzutage beides. Mit der Kombination Holzfass und Edelstahltank können die Winzer jeden Wein individuell und nach seinen Bedürfnissen ausbauen.
Text: Harald Scholl / Timo Leonhardt, Fotos: Jana Kay / DWI
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