Das Corona-Virus ändert alle Bereiche des Lebens , sowohl global als auch regional. Auch in der Weinbranche gibt es momenten Veränderungen oder Situationen, bei denen man umdenken und sich vor allem organisieren muss. Welche das sind und was momentan überhaupt im Weinberg passiert, das haben wir Hermann Hohl, den Präsidenten des Weinbauverbandes Württemberg und Reinhold Fritz, den Vorstandsvorsitzenden der Weinkellerei Hohenlohe eG gefragt.
Wie ist die aktuelle Lage im Weinberg? Was passiert gerade, was wird gemacht?
Herr Fritz: Momentan sind wir noch dabei den Schockzustand zu verarbeiten. Der Frost vom 11. auf den 12. Mai hat uns leider heftig getroffen. Durch den Regen und die anschließende Kaltluft aus dem Norden gab es Blattnässe und viele Triebe (Triebspitzen) sind daraufhin teilweise erfroren. Wie hoch der Schaden tatsächlich ist, dass lässt sich momentan noch nicht ganz genau sagen. Wir gehen von 30 – 50 % unserer Rebfläche aus. Die nicht geschädigten Anlagen sind in einem hervorragenden Zustand.
Herr Hohl: Ende Mai sind die Weinberge nämlich dann kurz vor der Blüte, die Gescheine beginnen zu blühen und sorgen für einen tollen Duft. Da könnte man meinen, jemand hätte mit Parfüm gesprüht. Die Zeit sollte man sich definitiv nehmen und in den Weinberg gehen. Das ist ein wunderbarer Geruch.
Gibt es Besonderheiten im Vergleich zum letzten Jahr oder neue Herausforderungen?Herr Fritz: Was den Entwicklungs- bzw. Reifeprozess betrifft, sind wir durch den Klimawandel inzwischen immer ein bis zwei Wochen im Voraus. Das liegt vor allem daran, dass die Temperaturen steigen und es immer früher wärmer wird. Nun könnte man meinen, wie in vielen anderen Bereichen hieße Prozessbeschleunigung etwas Positives. Doch im Weinanbau kann das sich durchaus auch negativ auswirken. Denn wenn im Mai dann doch noch einmal die Eisheiligen kommen, kann das zu Spätfrost führen. Das ist die Schwierigkeit dahinter: Der Klimawandel fördert den frühen Austrieb. Eine weitere Herausforderung sind die immer häufiger auftretenden langen Trockenphasen. |
Hat die Corona-Pandemie sich auch auf den Weinberg ausgewirkt?
Herr Hohl: Auf den Weinberg weniger, die Arbeiten sind die gleichen, der Corona-Virus geht ja nicht auf die Reben über, sodass die sich in Quarantäne befinden (lacht). Problematisch sind die fehlenden Arbeitskräfte. Viele Saisonarbeitskräfte aus dem Ausland können und wollen teilweise gerade auch nicht nach Deutschland kommen und so stehen nur wenige zur Verfügung. Das bedeutet, dass vor allem die familieneigenen Arbeitskräfte fast rund um die Uhr im Weinberg arbeiten müssen, um das leisten zu können, was in dieser Zeit an Arbeiten ansteht. Das ist wirklich ein großes Problem, denn die Reben wachsen unbeeindruckt weiter.
Weinfeste und Veranstaltungen mussten abgesagt werden. Wie wirkt sich das aus?
Herr Fritz: Zunächst einmal ist das sehr schade für die Menschen und den Umsatz. Nach dem wir unsere Verkaufsräume wieder öffnen durften, ist der Privatkundenabsatz bei uns sehr stabil. Der Weinverbrauch zuhause ist sicherlich vergleichsweise angestiegen. Das reicht allerdings lange nicht, um den Ausfall der Veranstaltungen auszugleichen. Die Wiedereröffnung unserer Vinotheken (Shops) unterlag selbstverständlich auch diversen Sicherheitsmaßnahmen. Ein bisschen das Feeling eines Sicherheitstraktes schwingt da schon mit – kontaktlose Abholungen, telefonische Vorbestellungen und so gut wie überall Plexiglas als Schutz.
Herr Hohl: Die Weinfeste tragen auch erheblich zum Ertrag der Weingärtner bei, die Messen findet nicht statt, usw. Und wir wissen ja auch noch nicht, wie es nächstes Jahr weiter geht. Werden die nächsten Weinfeste im kommenden Jahr wieder stattfinden können, wenn es mehrere Wellen gibt? Das ist eine ganz schwierige Situation für uns im Moment. Aber für wen nicht…
Vielen Dank an Herrn Hohl und Herrn Fritz für das interessante Interview.
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