Remstal im Herbst von oben

Remstalkellerei startet mit Federweißer-Lese

Herb-süß im Geschmack, spritzig-frisch auf der Zunge und weiß-trüb im Glas – so kennt Ihr den Federweißer. Viele nennen ihn liebevoll auch einfach „Neuer Wein“. Einer der größten Federweißer-Produzenten Württembergs ist die Remstalkellerei. Dort starten die Winzer heute (29.08.2022) in die Lese. Was Ihr über Federweißen wissen solltet, lest Ihr hier.

Wir machen das heute mal im Verfahren „8 Fragen – 8 Antworten“.

Woher kommt der Name Federweißer?

Auch wenn man es vielleicht denken würde: Der Name Federweißer kommt nicht von ungefähr. So wird der Most tatsächlich aufgrund der hellen Schwebeteilchen, die wie Federn in ihm schweben, genannt. Durch sie erhält der Federweiße auch seine trübe Farbe.

Wie erzeugt man den „Neuen Wein“?

Die Geschichte beginnt wie bei jedem anderen Wein auch im Weinberg. Hier kommt es auf die richtige Auswahl der Trauben an. Gefragt sind aromastarke Trauben, die bereits zu einem frühen Zeitpunkt einen guten Reifegrad aufweisen. Dies tut zum Beispiel der Müller-Thurgau – Ihr kennt ihn auch als Rivaner. Er ist eine der am frühesten reifen Sorten. Aber auch der Kerner – er ist ja unsere heimliche „Württemberger Aromasorte“ – und der ebenfalls frühreife Portugieser im Falle des Federroten ergeben sehr leckere Ergebnisse.

Die frisch gelesenen Trauben werden entrappt – also von den Stielen befreit und zur Maische verarbeitet. So weit gibt es noch keinen Unterschied zum normalen Wein.

In der Kelter werden die Weintrauben jetzt zu Most gepresst. Diesem Most wird nun Weinhefe zugesetzt, die den Traubenzucker zu Alkohol vergärt. Während man die Weinhefe nun in aller Ruhe arbeiten lassen würde, bis der Wein seine üblichen 11 bis 14 Volumenprozent Alkohol hat, geht man beim Federweißen anders vor.

Und zwar so: Hat der Most ungefähr 4 Vol.-% Alkoholgehalt erreicht, wird er grob filtriert und abgefüllt. Fertig ist der neue Wein. Das heißt: Der Most, der gerade dabei ist, mit der Gärung zu beginnen, wird abgefüllt und verkauft. Anders ausgedrückt: Der „Neue Wein“ ist eigentlich erst auf dem Weg dazu, wirklich Wein zu werden – und schon geht er raus zu Euch.

Die beiden Federweißer-Varianten der Remstalkellerei - einmal weiß, einmal rot, die Flaschenabbildungen

Was unterscheidet den Federweißer vom richtigen Wein?

Wie gerade schon grob geschildert ist der „Neue Wein“ ein Zwischenprodukt auf dem Weg vom Traubenmost zum Wein. Das heißt er hat noch (deutlich) mehr Zucker, dafür weniger Alkohol – man hat der Hefe ja eben nicht die Zeit gegeben, den Zucker in Alkohol umzuwandeln, so wie dies beim „echten“ Wein der Fall ist.  Deshalb ist im Federweißer auch – anders als im Wein – noch Hefe enthalten. Sie ist ja unser fleißiger Helfer bei der Weinerzeugung, denn sie ist es, die den Zucker in Alkohol umwandelt und sich dabei nach und nach selbst auflöst. Außerdem enthält der Federweißer deutlich mehr Kohlensäure als ein Wein.

Wie schmeckt Federweißer am besten? (Kühlschrank? Ganz frisch und süß oder ein wenig vergären lassen und dadurch etwas herber)

Mit seinem süßen Geschmack schmeckt Federweißer natürlich gekühlt besonders lecker – deshalb ist der Kühlschrank ein sehr guter Aufenthalts- und Lagerort für Euren „Neuen Wein“. Was den Süßegrad angeht, kommt es auf Euren persönlichen Geschmack an. Das habt Ihr selbst in der Hand. Seid Ihr Team süß, würden wir ihn nicht lange lagern, sondern kurz nach dem Kauf genießen. Team herb kann die Hefe noch ein wenig an der Gärung weiterarbeiten lassen – und den Federweißen später genießen.

Es heißt ja, dass man Federweißer nicht luftdicht verschließen darf. Warum nicht?

Weil wir – wenn wir so wollen – eine explosive Mischung vor uns haben. Denn der gärende Most produziert noch jede Menge Kohlenstoffdioxid – Ihr kennt es als CO2. Würde man die Flasche jetzt komplett verschließen, so wie wir das bei Wein tun, entstünde in der Flasche nach und nach ein enormer Druck, verursacht durch die Hefe, die das CO2 in Kohlensäure umwandelt. Und dieser Druck wäre durchaus dazu in der Lage, die Flasche zum Platzen zu bringen. Deshalb bekommt Ihr Federweißer entweder gleich in der offenen Flasche oder – in der Regel – mit einer luftdurchlässigen Kapsel im Deckel. Deshalb müsst Ihr den jungen Wein auch stehend lagern. Denn wenn man ihn legt, läuft er – durch die Öffnung im Verschluss aus.

Was isst man am besten dazu?

Wir empfehlen Euch zum Federweißer würzige und herbstliche Gerichte – sie passen ideal zum neuen Wein. Zum Beispiel Kürbisgerichte, Quiches, Flammkuchen, eine herzhafte Brotzeit mit Speck und Blutwurst und natürlich die Klassiker: Salz- oder Zwiebelkuchen.

Man sieht Zwiebelkuchen

Wie lange hält der Federweiße?

Wir haben es ja schon beschrieben: Der neue Wein gärt in der Flasche unaufhaltsam weiter. Dadurch verändert er sich permanent. Seinen typischen Federweißer-Geschmack behält er dadurch nur für eine bestimmte Zeit, und die ist eher kurz. Und daher gibt es ihn auch immer nur zu Beginn der Weinlese im Spätsommer/Frühherbst. Also in der Regel zwischen Anfang September und Ende Oktober. In gewissem Rahmen könnt Ihr die Haltbarkeit des Federweißer verlängern – durch Kühlung. Dadurch lässt sich die Umwandlung von Zucker in Alkohol verlangsamen. Aber eben nicht ganz stoppen. Verkauft wird der Federweiße ab einem Alkoholgehalt von ca. 4 Vol.-% und enthält darum auch noch sehr viel Restzucker. In Kombination mit dem Kohlenstoffdioxid, das bei der Gärung entsteht, wird daraus ein prickelnder, süßer Genuss, der wie eine Art Traubenlimonade schmeckt.

Tipp: Wer es weniger süß mag, kann den Federweißen einfach ein paar Stunden bei Zimmertemperatur stehen lassen. Dies beschleunigt den Gärungsprozess – und hierdurch entstehen dann eben ganz neue Geschmacksnuancen. Der Federweißer wird dann herber und kann bis zu 11 Vol.-% Alkohol erreichen, und wird im Verlauf einem herkömmlichen Wein, wie Ihr ihn kennt, immer ähnlicher.

Gibt es auch roten Federweißer?

Wer jetzt denkt: Das Rotweinparadies Württemberg müsste doch auch so etwas wie Federroten herstellen können, liegt richtig. Das Ganze geht auch mit Rotweintrauben. Das gibt dann „Roten Neuen Süßen“, Ihr dürft ihn auch „Federroter“ nennen. Aber: Bei Puristen kommt Ihr damit nicht durch. Für sie gibt es ausschließlich den Federweißen.

Immer aktuell informiert über das Neueste aus der Weinheimat Württemberg und jede Menge Hintergrundwissen zum Wein im Wein Heimat Blog.

Ihr findet uns außerdem auch auf Facebook und Instagram. Wir freuen uns über ein Like. 

Titelbild: Ihr seht Schnait im Remstal im Herbst, Foto: Friedrich Rau und Neffe Franz


Jetzt teilen

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Informationen zu Cookies und Analysetools

Um unsere Webseite für Sie optimal zu gestalten und fortlaufend verbessern zu können, verwenden wir Cookies. Mit Ihrer Bestätigung stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen zu Cookies erhalten Sie in unserer Datenschutzerklärung.