Erstmals nach Corona lud der Weinbauverband 2024 wieder zur öffentlichen Mitgliederversammlung – die Zusammenfassung gibt es hier. Thema: Württembergs Weinwirtschaft.
Auf der Mitgliederversammlung des Weinbauverbands Württemberg wurde die schwierige Erlössituation der Betriebe analysiert und Lösungsansätze für neue Vertriebswege diskutiert. In den Weinbergen sorgen derzeit vermehrt nicht gepflegte Parzellen zu Frust und Mehrarbeit bei den Winzern.
Erstmals nach dem Ende der Corona Pandemie lud der Weinbauverband Württemberg wieder zur öffentlichen Mitgliederversammlung ein. Diese fand im großen Festsaal der Staatlichen Lehr- und Versuchsanstalt für Wein- und Obstbau (LVWO) in Weinsberg statt. Der Einladung folgten rund 60 Gäste und Mitglieder. Darunter auch der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Peter Hauk MdL, sowie Vertreter des Regierungspräsidiums Stuttgart und der Landwirtschaftsämter.
Gedenken an verstorbenen Verbandspräsident Hohl
In der Begrüßung erinnerte Vizepräsident Peter Albrecht an den verstorbenen Präsidenten Hermann Hohl. Er hatte den Verband weit über drei Jahrzehnte geführt. Bei der Suche nach einer Nachfolge für das vakante Amt prüft der Verband derzeit alle Optionen. Hierbei will der Weinbauverband dem Strukturwandel bei den Mitgliedern und den Anforderungen an das Ehrenamt gerecht werden. „Unser Ziel ist, bis zum kommenden Jahr eine personelle und etwaig strukturelle Neuaufstellung des Verbands vorgenommen zu haben. Aufgrund unserer Satzung sind wir handlungsfähig,“ gibt Albrecht einen Ausblick auf die kommenden Monate. Zugleich stellte er fest, im Vorstand keine voreiligen Beschlüsse fassen zu wollen.
Global rückläufiger Weinkonsum verursacht Probleme für Anbieter
In zwei Impulsvorträgen von Christian Schwörer, Generalsekretär des Deutschen Weinbauverbands, und von Uwe Michelfelder aus dem Referat Betriebswirtschaft der LVWO Weinsberg wurde deutlich, dass aufgrund des global rückläufigen Weinkonsums und damit auch Weinabsatzes der Weinsektor maximal leidet. Michelfelder führte aus, dass das Weinbaugebiet Württemberg aufgrund seiner Topographie und der Kleinparzellierung nicht im Billigpreissegment produzieren könne. Entsprechend könnte es aufgrund des hohen Preisdrucks an Absatzmengen verlieren. Krisen sind nach Auffassung von Michelfelder aber immer auch Chancen, in denen bisher Undenkbares möglich wird.
Um die Erlösseite nachhaltig zu verbessern, bedürfe es neuer Absatzwege und der Erschließung neuer Zielgruppen. Dies sei ein längerer und mühsamer Prozess, der für die Betriebe jedoch überlebenswichtig sei. Michelfelder rät den Weinbaubetrieben zur aktiven Beteiligung an der Vermarktung, um eine größere Reichweite für die eigenen Erzeugnisse erzielen zu können. Schwörer sah in neuen Vermarktungswegen ebenfalls eine Chance für die Zukunft. Entalkoholisierte Weine und Wein-Misch-Getränke seien zwar derzeit noch Nischenprodukte, würden jedoch von bisher wenig weinaffinen Zielgruppen verstärkt nachgefragt.
Europäische Politik diskutiert kontrovers über Krisenmaßnahmen
Die Europäische Politik diskutiere derzeit weiterhin kontrovers über Krisenmaßnahmen, die vorrangig die großen weinbautreibenden Länder Frankreich, Spanien und Italien forderten. Zum heutigen Zeitpunkt sei aber keine Einigung und somit keine Unterstützung für den Sektor absehbar. Schwörer führte weiter aus, dass in den ländlichen Gebieten oft keine alternative landwirtschaftliche Nutzung der Flächen möglich sei. Weinbau trage zur Biodiversität in diesen Regionen bei. Mit dem Rückgang der Rebfläche gehe Biodiversität verloren. Es bestehe weiterhin Aufklärungs- und Informationsbedarf bei Verbrauchern und gegenüber der Gesellschaft.
Ungepflegte Parzellen verursachen Probleme und sorgen für Frust
Bei der abschließenden Podiumsdiskussion griff Weinbauverbands-Vizepräsident Albrecht ein weiteres aktuelles Thema auf. In den Weinbergen sorgten vermehrt nicht gepflegte Parzellen zu Frust und Mehrarbeit bei den Winzern. Wenngleich der gesetzliche Rahmen die Mindestpflegepflicht von landwirtschaftlichen Grundstücken vorsehe, verwahrlosten zahllose Flächen. Die Überwachung der Bewirtschaftungs- und Pflegepflicht obliege der jeweiligen Gemeinde. Albrecht appellierte demnach an die anwesenden Vertreter der Kommunen, das geltende Recht in der Fläche auch umzusetzen.
Werner Bender stellte 0,75-Liter-Mehrwegflasche vor
Im Kontext der Erschließung neuer Zielgruppen bei der Vermarktung zeigte Werner Bender, Vorstand der Wein-Mehrweg eG auf, welche Chancen visionäre Ideen wie die Einführung einer 0,75 Liter Mehrwegglasflasche für die Betriebe und das Weinbaugebiet haben können. Bereits 13 Betriebe haben sich der Initiative angeschlossen und vermarkten mittlerweile überregional Weine. „Die Nachhaltigkeit ist für viele Verbraucher ein wichtiger Faktor bei der Kaufentscheidung, sodass wir mit der neuen Mehrwegflasche diesem Bedürfnis gerecht werden,“ fasst Bender die bisher guten Erfahrungen und Reaktionen von Handel und Verbrauchern seit der Markteinführung zusammen.
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