Sekt

Perlende Vergnügen – Sekt, Secco & Co.

Deutschland ist Weltmeister! Leider nicht in Sachen Fußball oder Handball. Aber immerhin in Sachen Sekt-Verbrauch. Es ist kaum zu glauben, aber zwischen Flensburg und Freiburg wird mehr Sprudelndes pro Einwohner getrunken als in Frankreich, Italien oder Großbritannien. Der Grund könnte in den tollen Qualitäten liegen, davon könnt Ihr Euch jederzeit persönlich überzeugen. Harald Scholl vom Weinheimat Magazin hat einen Blick auf die Geschichte des Sekts geworfen.

Seit rund 200 Jahren wird in Deutschland Sekt hergestellt, es gab Zeiten, da waren deutsche Schaumweine sogar deutlich ge­fragter – und damit auch teurer – als die ver­gleichbaren Produkte aus Frankreich. Heu­te schwer vorstellbar, denn selbst zwischen den besten handwerklich hergestellten heimischen Sekten und den einfachsten Champagnern klafft eine große Preislücke – zu Ungunsten der deutschen Sekte. Dabei müssen sie sich keineswegs verstecken. So­wohl der Produktionsaufwand wie auch das Genusserlebnis sind nahezu identisch, was einzig fehlt, ist das preistreibende Image. Aber wie so oft hat auch hier die Medaille zwei Seiten: Denn durch die günstigeren Preise macht man hierzulande vielleicht auch das eine oder andere Fläschchen mehr auf. Dafür spricht der schon angespro­chene Konsum.

Das Konsumverhalten der Deutschen

Rund 3,9 Liter Schaumwein trinkt jeder Bundesbürger im Durchschnitt. Eine tatsächlich relevante Größe pro erwachsenen Sekttrinker wird daraus, wenn man Kinder und andere Menschen, die keinen Alkohol trinken, herausrechnet. Und immer mehr Sekte gehören zur Kategorie der Winzersekte. Sie haben ein eigenständiges Profil, sind – anders als Champagner – häufig auch Jahrgangssek­te. Diese wird man in der Regel reduktiv aus­bauen, das heißt, dass die Sekte gegen Ende ihrer Gärungsphase nicht mehr unter dem Einfluss von Sauerstoff reifen und somit frischer und zugänglicher sind. Dazu kommt die Bandbreite der verwendeten Rebsorten. Neben den großen deutschen Klassikern Riesling und Weißburgunder sind auch Sekte aus Gewürztraminer, Muskateller, Schwarzriesling, Lemberger oder Muskat­trollinger weit verbreitet, zahlreiche Cu­vées aus den genannten Sorten ergänzen das breite Angebot. Was ihnen allen ge­meinsam ist: Durch ihr hohes Qualitätsni­veau verdienen Winzersekte mehr Beach­tung. Sie sind nicht nur ein willkommenes Getränk zu festlichen Anlässen – sie sind erstklassige Speisebegleiter. Und sollten viel häufiger den Grillabend oder das edle Abendessen begleiten.

Sekt VerkostungEine deutsch-französische Geschichte

Die Geschichte der Schaumweinerzeugung ist in weiten Teilen eine der beiden Nachbarländer Frankreich und Deutschland. Die ersten belegbaren Zeugnisse zur Erzeu­gung von schäumenden Weinen mittels zweiter Gärung stammen aus dem Jahr 1531. Die Mönche der Abtei Saint­-Hilaire im Süden Frankreichs beherrschten damals bereits die Herstellung des «Blanquette de Limoux», eines Schaumweins, der bis heu­te in der Region erzeugt wird und seinen Namen Blanquette (blanc = weiß) von den weißen Rändern der Blätter der Rebsorte Mauzac, die hauptsächlich verwendet wird, hat.

Erst hundert Jahre später wurden um 1670 die Grundlagen für den heute bekannten Champagner gelegt. Der Wein aus der Champagne war bis dahin nämlich ein Stillwein. Da der Transport nach Paris in Fässern aber die Weine oxidieren ließ, ging man dazu über, sie schon vor Ort in Fla­schen zu füllen. Mit der Folge, dass die Wei­ne in den Flaschen nachgoren. Es wurde aus dem ursprünglich stillen Weißwein ein Schaumwein. Der Mönch Dom Perignon sorgte dann weitere hundert Jahre später dafür, dass die Produktion standardisiert und professionalisiert wurde. Die Grund­lage für den bis heute anhaltenden Erfolg dieses Weinstils.

Mit ihm kamen auch deut­sche Weinmacher in Kontakt, grenzüberschreitendes Arbeiten war auch damals schon möglich. Und manche der Fremdar­beiter kamen mit Ideen von Champagnern nach Deutschland zurück und fingen an, ihre eigenen Schaumweine zu produzie­ren. Der wichtigste dürfte Georg Christian Kessler aus Heilbronn gewesen sein, der als Zwanzigjähriger im Jahr 1807 im Champa­gnerhaus Veuve Clicquot als Buchhalter anfing und sich bis zum Geschäftsführer und Teilhaber hocharbeitete. Der Kontakt in die Heimat riss aber nie ab, und so gründete Kessler 1826 in Esslingen die Firma G. C. Kessler & Cie. – die erste und somit älteste Sektkellerei Deutschlands.

Die Geburtsstätte der deutschen Sekt-Produktion

Württemberg kann man also als Geburtsstätte der deutschen Sektproduktion betrachten. Auch die heute noch bekannten Marken Dein­hard (1843), Kupferberg (1850), Henkell (1856) oder Söhnlein (1864) gründeten sich erst später. Für alle ein über Jahr­zehnte erfolgreiches und lohnendes Geschäft, denn bis in 70er Jahre des 20. Jahr­hunderts galt ein staatliches Sektmonopol, das es nur Kellereien erlaubte, Sekt herzu­stellen. Mittels Gerichtsbeschlusses in den 1970er Jahren erhielten auch Weingärtner­genossenschaften und Winzer das Recht zur Versektung und Vermarktung ihrer Weine. Was zu einem regelrechten Boom führte. Bis 1985 waren es keine hundert Betriebe, die auch Sekt herstellten, 20 Jahre später waren es annähern 1300. Zu ihnen gehören die Württemberger Weingärtner­genossenschaften, die damit fast 200 Jahre später das Erbe von Georg Christian Kessler hochhalten.

„Und immer noch ist alles ganz anders“

Die Verkostung für diese Ausgabe der «Weinheimat» stand immer noch unter dem Einfluss der Lockdown-­Maßnahmen. Gar nicht so einfach, die ehernen Regeln der Verkostung einzuhalten. Deshalb wur­de in den Räumen der Weinheimat Württemberg eG in Möglingen verkostet. Hier waren ausreichende Abstände und hygieni­sche Rahmenbedingungen gewährleistet. Es wurden, wie schon immer üblich für das Magazin der «Weinheimat», alle Weine blind verkostet. Das heißt, man konnte alle Weine ohne Sichtbarkeit der Etiketten für die Verkoster aufstellen. Die Flaschen waren an­onymisiert und mit zweistelligen Zahlen beschriftet. Die Unabhängigkeit des Urteils in den Weinbeschreibungen soll dadurch unbeeinflusst sein. Die Verkoster verkosteten unabhängig voneinander, so dass auch ihre Beschreibungen nicht abgeglichen werden konnten, sondern im Nachgang zusammengefasst wurden. Sobald es wieder möglich ist, in größeren Gruppen gemeinsam zu verkosten, werden wir auch das wieder umsetzen. Denn mal ganz ehrlich: Mit Kollegen zusammen Wein zu verkosten, ist trotz aller Professio­nalität einfach schöner.

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